Zwölf Jahre im Bundesrat - Berset tritt zurück: «Die Pandemie war brutal»
Alain Berset wird nicht mehr als Bundesrat kandidieren. Durchgehend war er Innenminister – und wird dies noch bis Ende Jahr bleiben. Dann wird sein Sitz bei den Gesamterneuerungswahlen im Dezember besetzt – vielleicht nicht von der SP.
Alain Berset ist gleich zur Sache gekommen. Auf Französisch, der Muttersprache des Freiburgers, gab er Sekunden nach Beginn der Medienkonferenz bekannt, nicht mehr als Bundesrat zu kandidieren.
Die Wortwahl, dies wurde im Verlauf der Medienkonferenz deutlich, ist Berset wichtig. Es handle sich nicht um einen Rücktritt. «Ich trete nicht zurück, sondern gebe bekannt, dass ich nach der jetzigen Legislatur nicht mehr antrete.»
SP-Bundesratssitz in Gefahr?
Tatsächlich wird Alain Berset noch bis Ende Jahr Bundesrat und Bundespräsident bleiben. Er respektiere die Institutionen, sagt der SP-Magistrat, und wolle das Ende seiner dritten Legislatur abwarten. Für Berset sei nämlich immer klar gewesen: Er will nach Möglichkeit zum Ende einer Legislatur zurücktreten.
Alain Bersets Karriere im Bundesrat – die besten Bilder
Natürlich spiele das Leben in dieser Hinsicht nicht immer mit. Damit sprach Berset seine langjährige Kollegin Simonetta Sommaruga an, die wegen eines Schlaganfalls ihres Mannes im letzten November zurückgetreten ist.
Bundeshausredaktorin Nathalie Christen: «Heisses Wahljahr für SP»
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«Bundesrat Alain Berset will also nicht mehr. Er beendet noch sein Präsidialjahr und tritt dann im Dezember nicht mehr an für die Gesamterneuerungswahl des Bundesrates. Dass er dies schon rund ein halbes Jahr zuvor ankündigt, bringt seiner Partei sowohl Vor- als auch Nachteile.
Der Vorteil für die SP: Sie kann mitten im Wahljahr das Kandidierendenkarussel anschieben und so ihre besten Leute in den Medien präsentieren. Die SP erhält dadurch begehrte Medienpräsenz und ist Playerin in einem wichtigen Thema – andere Themen wie Zuwanderung kommen ihr da weniger entgegen.
Der Nachteil ist allerdings: Will man einer Partei einen Bundesratssitz wegnehmen, tut man das am besten bei einer Vakanz. Denn Bundesratsmitgliedern, die weitermachen wollen, eine Wahl verweigern; das tut das Parlament höchst selten. In jüngerer Zeit war dies bei Ruth Metzler der Fall, weil die CVP so stark übervertreten war. Und bei Christoph Blocher (SVP) brachte das Parlament mit der Abwahl seinen politischen Missmut zum Ausdruck. Ansonsten aber werden Bundesratsmitglieder – mehr oder weniger glanzvoll – wieder gewählt.
Für jene Parteien, die der SP allenfalls einen Bundesratssitz wegnehmen wollen, ergäbe sich im Dezember damit ein günstiger Moment. Je nachdem, wer bei den eidgenössischen Wahlen im Oktober gewinnt oder verliert, könnte es zum Thema werden, den Grünen auf Kosten der SP einen Bundesratssitz zu geben. Die Grünen wirken dieser Idee gegenüber weniger abgeneigt als auch schon. Und die Bürgerlichen könnten die Ansprüche der Grünen befriedigen, ohne das linke Lager zu stärken. Wie realistisch dieses Szenario ist, entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Sicher ist aber jetzt schon: Für die SP wird 2023 zum besonders heissen Wahljahr.»
Dennoch gab es auch kritische Nachfragen zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rücktritts. Die SP hat in den vergangenen Wahlen sukzessiv an Boden im Parlament eingebüsst, die Grünparteien sind auf dem Vormarsch. Mit der Entscheidung Bersets, auf Ende Legislatur zurückzutreten, wird der frei werdende Sitz zusammen mit der Gesamterneuerungswahlen nach den Parlamentswahlen im Herbst besetzt. Der Druck auf die SP steigt somit.
Ist der Bundesratssitz der SP jetzt in Gefahr? Dazu gab sich Berset bedeckt, er betonte wiederholt, dass es ihm wichtig sei, die «Institutionen zu respektieren». Immerhin: Parteipolitische Überlegungen habe es nicht gegeben.
«Brutale Pandemie»
Berset schaute während der Medienkonferenz auch auf seine Zeit als Innenminister zurück. Zunächst habe er es nie bereut, im selben Departement geblieben zu sein. «Ich glaube, eine gewisse Stabilität ist gut für Institutionen.»
Das Kandidatenkarussell für die Berset-Nachfolge
Doch eine Zeitspanne während seiner Amtszeit sei besonders prägend gewesen: die Corona-Zeit. Dass er die Schweiz einmal durch eine derart «brutale Pandemie» führen müsse, habe er sich vor seiner Zeit als Bundesrat nicht vorstellen können. In diesem Zusammenhang sagte Berset auch, dass sich mit der dritten Abstimmung über das Covid-Gesetz ein Kreis geschlossen habe.
Spitze gegen Ueli Maurer
Klar ist auch: Zuletzt geriet Alain Berset immer mehr unter Druck. Eine GPK-Untersuchung wegen einer möglichen Amtsgeheimnisverletzung ist im Gange – Bersets ehemaliger Kommunikationschef Peter Lauener steht unter Verdacht, dem Ringier-Chef Marc Walder während der Pandemie Interna zugestellt zu haben. Berset wollte dies nicht gross kommentieren. Er sagte: «Ich bin gespannt auf die Resultate der Untersuchung.»
Ich bin gespannt auf die Resultate der Untersuchung.
Später führte er seine Gedanken zu den Medien aus. Journalistinnen und Journalisten hätten selbstverständlich das Recht, zu kritisieren. Die Medien seien wichtig für die Demokratie.
Und Medien schauen auch immer gerne voraus. Auf die Frage, wen er sich als Nachfolge für sein Amt vorstellen könnte, sagte Berset: «Hauptsache ein Mensch», und spielte dabei wohl auf den ehemaligen SVP-Bundesrat Ueli Maurer an. Dieser hatte in seiner Abschiedsmedienkonferenz gesagt, dass ihn einfach «kein Es» beerben solle. Damit hatte Maurer viele Menschen vor den Kopf gestossen.
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