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Samenspende: Baby ohne Vater
Aus 10 vor 10 vom 28.03.2023.
Bild: Keystone/Gaetan Bally abspielen. Laufzeit 5 Minuten 10 Sekunden.
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Ihre Fragen zur Samenspende Ein-Eltern-Familie: «Wie steht es dabei um das Kindswohl?»

Samenspenden zur Ein-Eltern-Familie sind in der Schweiz illegal. Die Nationale Ethikkommission der Schweiz empfiehlt, alleinstehenden Frauen den Zugang zur Samenspende zu ermöglichen. Expertinnen und Experten haben dazu Ihre Fragen beantwortet.

«Single Mothers by Choice» sind Mütter, die auf eigenen Wunsch alleinerziehend sind. Dazu benötigen Sie eine Samenspende. In der Schweiz ist das illegal. Deshalb gehen immer mehr Frauen für die Samenspende ins Ausland. Warum empfiehlt die Nationale Ethikkommission (NEK), dass die Samenspende für Einzelpersonen ermöglicht wird? Wie wird eine Samenspende durchgeführt? Und was braucht es, damit eine Ein-Eltern-Familie entstehen kann? Eine Fachrunde hat im Live-Chat Ihre Fragen beantwortet.

Gäste im News-Chat

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Legende: v.l.n.r: Frank Mathwig, Peter Fehr, Erica Brühlmann-Jecklin zvg

Erica Brühlmann-Jecklin MSc
Psychotherapeutin SPV spezialisiert als Kinder- und Traumatherapeutin Praxis Lilie-Zentrum, Schlieren

Dr. Peter Fehr
Facharzt für Reproduktionsmedizin
Ärztlicher Leiter der OVA IVF Clinic Zürich

Prof. Frank Mathwig
Theologe und Ethiker
Mitglied der Nationalen Ethikkommission (NEK)

Chat-Protokoll

Ich habe keine Antwort, denn ich verstehe es nicht, deshalb: Ich erhoffe mir, dass möglichst viele «Selbst Wünschende» direkt erzählen, warum sie dieses Lebens-Projekt in Angriff nehmen. Ich gehöre als Oldie(w), die in den frühen 1970ern nicht nur um das Frauenstimm- und -wahlrecht kämpften, sondern sobald für uns Frauen möglich für den straffreien Schwangerschaftsabbruch. Ich kenne wirklich viele von meiner Generation, die sich zu einer Abtreibung entschieden haben; im Kanton Zürich zuerst mit vorgängigem Gang zu Psychiater (m). Unser Hauptargument: «dem Kind zuliebe!!» möchte ich diesen anspruchsvollen Job nicht allein angehen. Wie es herauskommt, wissen wir nicht, aber zu Beginn möchten wir dem Kind beide Elternteile mitgeben». (Zu unerwünschten Schwangerschaften kam es auch, weil Frauen die noch schwer dosierte Pille nicht mehr ertrugen). Kurz: auch (Zitat aus meinem Umfeld): als «fast alles Verstehende»: ich verstehe es nicht! es geht doch um das Kind?!, in dieser Welt – bitte wenn möglich um einleuchtende Antworten.

Frank Mathwig: In Ihrer Frage steckt bereits ein Grossteil der Antwort. Die modernen Fortpflanzungstechnologien haben etwas verändert, was zuvor unvorstellbar erschien. Ging es bei der Pille, von der Sie schreiben, um Sex ohne Fortfplanzung, geht es heute um Fortpflanzung ohne Sex. Das Wohl des Kindes spielt in beiden Zusammenhängen eine Rolle, aber in sehr unterschiedlicher Weise: Existiert beim Schwangerschaftsabbruch der Embryo resp. Fötus, aus dem ein Kind werden kann, so gibt es das Kind bei fortpflanzungsmedizinischen Entscheidungen noch gar nicht. Und es ist schwierig, über das Wohl eines Kindes zu urteilen, dass es nicht gibt. Das Verbot der Samenspende beantwortet die Frage nach dem Kindeswohl kategorisch: Für diese Kinder ist es im Blick auf ihr Wohl besser, nicht geboren zu werden (philosopisch: Non-identity-problem). Die meisten Menschen halten das für eine absurde Konsequenz. Deshalb sollten wir noch einmal genauer darüber nachdenken, ob wir wirklich über das Wohl für das Kind nachdenken, wenn wir im Blick auf ein Kindeswohl Verbote aussprechen.

Wer soll das bezahlen??? Die Sozialkosten sind Heute schon sehr Hoch, auch als Folge von allein Erziehenden Elternteile.

Erica Brühlmann-Jecklin: Es ist wohl nicht richtig, Alleinerziehende als Ursache von Sozialkosten zu benennen. Oft ist ein allein erziehender Elternteil vom andern verlassen worden und der oder die, welche bleibt, übernimmt Verantwortung. Ich erlebe in meiner Praxis grossartige Alleinerziehende, und ich weiss von keinem Fall, wo jemand vom Sozialamt unterstützt wird.

Welche Risiken gehen die Frauen ein, wenn sie sich zu einer Ein-Eltern-Familie entscheiden? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Samenspende klappt, wenn so viel Geld dafür ausgegeben wird?

Peter Fehr: Verstehen Sie unter Risiken die Schwierigkeiten bedingt durch die Behandlung? In der Tat ist jede medizinische Behandlung nie frei von Nebenwirkungen. Bei einer Insemination muss bei der Frau zuerst die Reifung eines Follikel angeregt und dann der Eisprung ausgelöst werden. Das ist nötig, um den richtigen Zeitpunkt der Insemination festzulegen. Bei fachgerechter Kontrolle und Begleitung sind die Risiken aber einzugrenzen. Die Erfolgsrate hängt dann sehr vom Alter der Frau ab. Bei einer 30-jährigen Frau ist zB jede zweit bis vierte Insemination erfolgreich. Bei einer Frau um 40 jährig ist die Erfolgsaussicht deutlich tiefer und es braucht vielleicht 8 Inseminationen, um den gleichen Outcome zu erreichen.

Gibt es ein laufendes Vorgehen gegen die momentane Diskriminierung gegen über Trans Männern. In meienem Freundeskreis habe ich viele Trans Personen, die eigentlich gerne Samenspenden möchten, aber durch die Transphoben Instutionen auf grund ihres «Biologischen» Geschlechts abgewiesen wurden. Gibt es hierführ ein Vorgehen um dieser Diskriminierung ein Ende zu setzten?

Erica Brühlmann-Jecklin: Dass es solche Diskriminierungen noch immer gibt, ist schlicht traurig. Meine Vermutung ist, dass hier nur jede und jeder Einzelne in «seiner» Gesellschaft wirken kann. Aber auch die Medien können einiges tun, und mir scheint,, grad dieser Chat hier ist doch ein wunderbares Beispiel dafür, dass sich einiges tut. In den letzten Jahren (Jahrzehnten) ist zum Glück Vieles besser geworden. Man weiss mittlerweile dass die Menschen auch eine bunte Diversität darstellen. Eine Gesellschaft verändert sich leider eher langsam, aber ich bin zuversichtlich, dass auch hier noch einiges geschieht und Toleranz zur Würde jedes Menschen irgendwann obsiegen wird.

Es gibt viele kritische Stimmen, die sagen, dass Single Mothers by Choice den Kindern absichtlich eine «Vaterwunde» hinzufügen. Ist diese Aussage berechtigt?

Frank Mathwig: Bereits das verwendete Vokabular zeigt an, wie schwierig diese Fragen zu diskutieren sind. Was genau kann ich mir unter einer «Vaterwunde» vorstellen. Wird sie von dem erzeugt, der als Vater abwesend ist oder sind es die Wunden, die gerade durch seine Anwesenheit entstehen? Und was ist mit der absichtlichen Zufügung einer Wunde gemeint? Die reproduktive Autonomie ist kein Kollektivrecht, sondern ein Recht der Person. Einer Frau mit einem Kinderwunsch zu unterstellen, dass sie mit der Erfüllung ihres Wunsches das gewünschte Kind schädigt, ist nicht nur höchst fragwürdig im Blick darauf, was der Frau unterstellt wird, sondern auch hinsichtlich der Sachgemässheit, also der Behauptung, dass Kinder, die mit einem Elternteil aufwachsen, per se unter einer Wunde leiden.

Wie sehen Sie die ganzen Thematik in der Politik bestehend? Woher kommt der grösste Widerstand die Samenspende für Einzelpersonen nicht zu erlauben? Was ist die Begründung? Danke für Ihre Antwort.

Erica Brühlmann-Jecklin: Hier kann man wohl nur Vermutungen äussern. Widerstände erlebe ich bei Menschen in charismatischen Glaubensrichtungen. Aber auch «strenge Familienpolitikerinnen und Politiker» äussern sich manchmal gegen eine Schwangerschaft durch Samenspende. Ich verfolge gern die Politik in Amerika, dort ist vor allem der erste erwähnte Widerstand sehr deutlich. Es wird dann gerne mit der Bibel argumentiert und vor allem sehr absolut.

bitte entschuldigen Sie falls ich das in der berichterstattung nicht gelesen habe aber wie hoch schätzen Sie die chance ein dass das verbot von spenden an einzelpersonen fallen wird?

Frank Mathwig: Darüber kann ich keine Aussage machen. Aber der Schutz des Persönlichkeitsrechts auf das Wissen über die eigene genetische Abstammung setzt den Gesetzgeber unter Druck, weil dieses höchst persönliche Recht nur wirksam geschützt werden kann, wenn die anonyme Samenspende möglichst verhindert oder überflüssig wird.

Hat allenfalls die NEK Zahlen dazu, wie viele Frauen die Einzelspende nutzen würde? WIe viel gehen bereits heute dafür ins Ausland?

Frank Mathwig: Die NEK erstellt keine eigenen Statistiken. Tatsächlich sind die offiziellen Zahlen zur Samenspende nur bedingt aussagekräftig, weil sie nur die medizinisch unterstützten Fälle berücksichtigt. Alle Fälle der sog. Selbstinsemination, also der Selbstbehandlung, können nicht erfasst werden, weil sie privat und ohne medizinische Beteiligung vorgenommen wird.

Gibt es bereits Studien von Personen, die durch Samenspende gezeugt wurden und in Ein-Eltern-Familien aufgewachsen sind und jetzt erwachsen sind? Falls ja, was sagen die Ergebnisse über ihre Entwicklung und ihr jetztiges Leben?

Erica Brühlmann-Jecklin: Mir ist (bislang) keine entsprechende Studie bekannt. Aber wir wissen, dass Kinder von einem alleinerziehenden Elternteil (natürlich gezeugt, aber durchaus auch ohne Beziehung zum andern Elternteil) in ihrer Entwicklung nicht gefährdet sind. Das Wichtigste ist, dass man zum Kind (zu den Kindern) ehrlich ist, sie erfahren dürfen, wie sie «geworden» sind.

Ganz grundsätzlich gefragt: Was sind die momentan grössten Hürden, Baustellen des Fortpflanzungsmedizingesetz?

Frank Mathwig: Jedes Gesetz ist ein Kind seiner Zeit. In ihm spiegeln sich die normativen Vorstellungen von Politik und Gesellschaft zu der Zeit wider, als es geschaffen wurde. Die rechtliche Regelung der medizinischen Fortpflanzung erfolgte vor dem Hintergrund bahnbrechender biotechnologischer Entwicklungen, die Politik, Gesellschaft und Medizin mit völlig neuen Fragen und Entscheidungssituationen konfrontierte. Weil Gesetze immer auf die Regelung eines zukünftigen Handelns zielen, aber über die Folgen dieses Handelns häufig wenig Informationen vorhanden sind, wurde das Fortpflanzungsmedizingesetz eher restriktiv formuliert. Weil es bei der Fortpflanzung um sehr zentrale und zutiefst intime und persönliche menschliche Anliegen geht, ist das Thema auch moralisch stark aufgeladen. Gleichzeitig wirken gesellschaftliche Veränderungen unmittelbar darauf zurück. Die Einführung der Ehe für nicht verschiedengeschlechtliche Paare hat enorme Auswirkungen auf das Fortpflanzungsmedizingesetz, das von der verschiedengeschlechtlichen Ehe ausgeht. Die zukünftigen Themen sind bereits vorgespurt oder werden längst diskutiert: ganz weit vorne die Eizellspende und die sog. Leihmutterschaft.

wieviele frauen würden überhaupt von dieser möglichkeit gebrauch machen, gibt es dazu zahlen? oder werden die neuen gesetze möglicherweise für einen sehr wenige geändert?

Erica Brühlmann-Jecklin: Es sind vor allem Frauen mit grossem Kinderwunsch, die aus irgend einem persönlichen Grund sich keine Beziehung mit einem Mann vorstellen können, aber auch Frauen, die eine Partnerin haben. Dies beantwortet allerdings nur einen Teil Ihrer Frage, denn wieviele es sind, ist mir nicht bekannt.

Wieso dürfen die Kinder der biologische Vater erst mit 18 Jahren kennenlernen? Haben diese das Bedürfnis nicht schon früher?

Frank Mathwig: Tatsächlich ist das Recht in dieser Frage nicht eindeutig. Art. 27 des Fortpflanzungsmedizingesetzes schreibt die Vollendung des 18. Lebensjahres vor. Gemäss Art. 19 c Abs. 1 Zivilgesetzbuch ist die Ausübung höchstpersönlicher Rechte von der Urteilsfähigkeit, nicht aber der Volljährigkeit abhängig. Und die Kenntnis über die eigene Abstammung gehört zu diesen höchstpersönlichen Rechten.

Nur während 5 Jahre verwenden und maximal 8 Kinder, diese Zahlen finde ich spannend. Wie sind diese Werte entstanden? Entspricht das etwa auch dem, was in europäischen Nachbarländern erlaubt ist?

Peter Fehr: Die 5 Jahre können durch eine Verlängerung durch den Spender auf 10 Jahre erstreckt werden. Das ist für uns wichtig, weil eine Familie vielleicht nochmals ein Kind vom gleichen Spender möchte, damit die Kinder nicht Halbgeschwister sind. Die Zahl 8 ist darin begründet, damit die Wahrscheinlichkeit nicht zu hoch wird dass sich 2 Halbgeschwister unbekannterweise fortpflanzen würden. Also eine rein mathematische, statistische Berechnung, welcher der Gesetzgeber als Basis nahm.

Gibt es in CH irgendwelche Besonderheiten was Samenspende betrifft? Oder ist das relativ deckungsgleich mit Handhabe in EU, ...?

Frank Mathwig: Ein wesentlicher Punkt betrifft die nicht einheitliche Regelung der Erhebung und des Zugangs zu den Spenderdaten. In der Schweiz ist die anonyme Samenspende verboten, also die Spende, bei dem der Spender unbekannt ist. Eine anonyme Spende würde dem Recht des daraus entstehenden Kindes auf seine genetische Abstammung widerprechen.

Ich bin Kinder- und Jugendpsychiater (Assistenzarzt im 1. Jahr) und ich sehe in meiner Sprechstunde manchmal Kinder, die einen Elternteil im Ausland haben oder in einem anderen Teil der Schweiz und ich habe den Eindruck die Kinder hätten bessere Resilienz & finanzielle-Vorraussetzungen haben, wenn sie zwei presänte Elternteile und hilfreiche weibliche und männliche Vorbilder (sei es in der Familie oder ausserhalb) haben. Ich mache mir Sorgen, dass ein Kind in einer Ein-Elternfamilie schlechtere psychische und finanzielle Vorraussetzungen hat, als wenn das gleiche Kind im gleichen Umfeld einer zweieltern-Familie aufgewachsen wäre. Ist diese Sorge berechtigt?

Erica Brühlmann-Jecklin: Guten Tag – die Sorge ist nicht nötig. Wir wissen von Studien, dass ein Kind während den ersten zwei Lebensjahren während mindestens acht Monaten eine verlässliche Bezugsperson braucht, um Bindungs- und Liebesfähigkeit zu etablieren. Das kann ein Elternteil sein, aber auch Grosselter oder irgendwer. Selbstverständlich ist es ideal, wenn ein Kind beide Eltern hat, oder aber auch zwei Väter oder zwei Mütter. Aber eine Gefährdung bei einer Bezugsperson gibt es nicht, wenn so die Bindungsfähigkeit aufgebaut werden kann. Ich zitiere hierfür gern meinen Professor aus dem Studium, der uns einmal fragte: «Wer hat dir wohlwollende Blicke in deine Wiege gegeben?» Das gibt den Boden für das Kind.

Worauf ist es zurück zu führen, dass die Samenspende für Einzelpersonen verboten ist?

Frank Mathwig: Das Verbot der Samenspende an Einzelpersonen wird vom Gesetzgeber mit dem Kindeswohl begründet: Jedes Kind hat nicht nur biologisch eine Mutter und einen Vater, sondern hat auch ein Recht darauf, von dieser Mutter und diesem Vater Kenntnis zu haben und in Verhältnissen aufzuwachsen, die für seine Entwicklung möglichst förderlich sind. Dazu gehört im Idealfall die Begleitung durch beide Elternteile. Die gesellschaftlichen Realitäten der Familie verändern sich kontinuierlich, sodass sich auch aus Sicht der Fortpflanzungsmedizin die Frage stellt, ob ihre Regelung stärker diesen realen Verhältnissen angepasst werden sollte.

Rückfrage an Herrn Fehr: Also hat man als Samenspender in der Schweiz nicht die Möglichkeit zu sagen dass die Samenspende beispielsweise nur für Frau-Frau und nicht für Mann-Frau eingesetzt wird? Man willigt allen erlaubten Handlungen zu?

Peter Fehr: Wir besprechen das sehr ausführlich mit jedem Spender und würden auch persönliche Einschränkungen akzeptieren. In der Realität ist das aber noch nie vorgekommen.

Gibt es in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern einen Samenspendeengpass ähnlich wie beim Blut? Welche einschränkungen gibt es?

Peter Fehr: Einen Engpass im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Alle Behandlungen können durchgeführt werden. Manchmal nach einer Wartezeit von ein paar Monaten. Bedingt durch die Tatsache, dass ein Spender nur während 5 Jahren verwendet werden darf und maximal 8 Kinder gezeugt werden dürfen, ist es schon sehr wichtig, dass wir immer wieder neue Spender finden. Im Moment haben wir etwas mehr als 70 Spender.

guten Tag Wie steht es um das Kindswohl? Was passiert, wenn die Mutter die Betreuung des Kindes nicht mehr aufrecht halten kann?

Frank Mathwig: Das Kriterium des Kindeswohls bildet das Schanier im gesamten Fortpflanzungsmedizingesetz. Der Gesetzgeber hat das Kindeswohl als übergeordnetes Kriterium für den Zugang zu und die Regelung von fortpflanzungsmedizinischen Massnahmen eingeführt. Vor diesem Hintergrund hat er ursprünglich die Fortpflanzungsmedizin auf verheiratete Paare beschränkt. Es ist eine hochkomplexe und auch kontroverse Frage, ob und welche Elternkonstellationen das Kindeswohl am aussichtsreichsten schützen. Generelle Aussagen darüber sind nur schwer möglich und Garantien im Vorfeld können gar nicht gegeben werden. Insofern sind alle fortpflanzungsmedizinischen Entscheidungen im Blick auf das zukünftige Kindeswohl relativ und risikobehaftet.

Warum empfiehlt die NEK jetzt plötlich dass die Samenspende für Einzelpersonen ermöglicht wird? Gibt es neue Erkenntnisse oder war das schon immer ihre Haltung, nur jetzt wagt man die öffentliche Diskussion?

Frank Mathwig: Die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) hat bereits 2013 in ihrer Stellungnahme zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung die Argumente ausgeführt, die auch der Stellungnahme zur Samenspende von 2019 zugrunde liegen. Die wesentlichen Punkte waren und sind das höchst persönliche Recht auf reproduktive Autonomie, die rechtlichen Bestimmungen im Fortpflanzungsmedizingesetz, das immer wieder zum Gegenstand von Revisionen wurde und wird, sowie die Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse und Veränderungen. Dabei spielt die Kohärenz der Argumentation und der Empfehlungen eine wichtige Rolle. Die Aufgabe der NEK ist es, über bioethische Fragen in Politik und Gesellschaft zu informieren, Diskussionen anzuregen und in diesen Fragen zu beraten.

Gibt es einen «Tourismus» ins Ausland für Samenspende von Einzelpersonen?

Peter Fehr: Wir haben regelmässige Anfragen von Einzelpersonen, welche gerne eine Behandlung machen möchten. Da dies leider in der Schweiz nicht erlaubt ist, verweisen wir auf Kliniken oder Praxen im Ausland. Meistens gehen die Frauen dann nach Spanien oder Dänemark. Ein wirklicher «Tourismus» würde ich das aber nicht nennen.

Kann man als Samenspender mitbestimmen, wofür die Spende eingesetzt wird? Kann man beispielsweise sagen dass man nicht will dass die Spende für Einzelpersonen eingesetz wird?

Peter Fehr: Wir regeln vertraglich mit dem Spender, dass seine Spermien für die Behandlungen eingesetzt werden, welche in der Schweiz erlaubt sind. Das sind Behandlungen bei verheirateten Paaren Frau-Mann und seit dem 1.7.22 auch bei Ehepaaren Frau-Frau. Einzelpersonen dürfen in der Schweiz nicht behandelt werden

 

10vor10, 28.03.2023, 21:50 Uhr;

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