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US-Präsident hat Corona Paxlovid: Was kann das Covid-Medikament von Joe Biden?

Jetzt hat es den mächtigsten Mann der Welt erwischt: US-Präsident Joe Biden hat sich mit Corona infiziert. Er habe «sehr milde Symptome», teilt das Weisse Haus mit. Da der 79-Jährige wegen seines Alters zur Risikogruppe gehört, nehme er Paxlovid ein. Was kann das Covid-19-Medikament, das auch in der Schweiz zugelassen ist? Experte Huldrych Günthard ordnet ein.

Huldrych Günthard

Infektiologe und leitender Arzt am Universitätsspital Zürich

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Huldrych Günthard hat in Zürich Medizin studiert und sich auf Innere Medizin und Infektiologe spezialisiert. Er ist stellvertretender Direktor der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene und leitet dort das HIV-Forschungslabor.

Günthard ist Mitglieder der wissenschaftlichen Kommission der Stiftung Pfizer Forschungspreis.

SRF News: Wieso wird der US-Präsident Joe Biden mit Paxlovid behandelt?

Huldrych Günthard: Paxlovid verringert die Fähigkeit des Coronavirus, sich in Körperzellen zu vermehren. Das Medikament wird infizierten Personen verabreicht, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben.

Wer Paxlovid schluckt, hat eine geringere Wahrscheinlichkeit, im Spital zu landen.

Laut Studien kann Paxlovid bei Risikopatienten Hospitalisationen um fast 90 Prozent senken. Wer das antivirale Arzneimittel schluckt, hat eine geringere Wahrscheinlichkeit, im Spital zu landen oder an Covid-19 zu sterben.

Wie wird das Arzneimittel verabreicht?

Paxlovid kombiniert den Wirkstoff Nirmatrelvir, der die Vermehrung des Coronavirus in den Zellen hemmt, mit dem Wirkstoff Ritonavir. Dieser wird bereits in HIV-Therapien eingesetzt und verhindert, dass Nirmatrelvir in der Leber zu schnell abgebaut wird. Die Patientin oder der Patient nimmt über einen Zeitraum von fünf Tagen zweimal täglich zwei Tabletten mit Nirmatrelvir und zwei mit Ritonavir ein.

Joe Biden wurde am Donnerstag positiv getestet. Erhält er Paxlovid zu spät?

Paxlovid muss früh eingesetzt werden, spätestens fünf Tage nach den ersten Symptomen. Schon eine laufende Nase, Müdigkeit und Husten reichen aus. Das ist bei Biden der Fall. Die frühe Einnahme des Medikaments schützt zusätzlich zu den Impfungen vor einem schweren Krankheitsverlauf. Biden als recht gesunder, älterer Mann würde in der Schweiz wohl aber nicht als Risikopatient gelten.

Medikamentenschachtel mit Paxlovid-Tabletten.
Legende: Das Corona-Medikament Paxlovid von Pfizer wird in Form von Tabletten eingenommen – und in der Schweiz nur infizierten Hochrisikopatienten verabreicht. Reuters

Wie wird die Tablette in der Schweiz eingesetzt?

In der Schweiz ist Paxlovid seit Mitte Juni zugelassen. Nur Spitäler dürfen es verschreiben – nur an Risikopatienten, bei denen ein schwerer Verlauf wahrscheinlich ist. Ein gesunder Erwachsener, der zweimal geimpft und geboostert ist, hat ein sehr geringes Risiko, schwer an Corona zu erkranken. Zudem zeigt eine Studie, die im «New England Journal of Medicine» veröffentlicht wurde, dass Paxlovid bei Covid-Patienten ohne Risikofaktoren viel schwächer wirkt.

Ein gesunder Erwachsener, der zweimal geimpft und geboostert ist, hat ein sehr geringes Risiko, schwer an Corona zu erkranken.

Darum ist es nicht sinnvoll, das teure Medikament für die breite Bevölkerung einzusetzen. Bald sollen jedoch auch Hausärzte Paxlovid an Risikopatienten verschreiben können – und bald wird das Risikoprofil vom BAG breiter definiert. Die Verschreibung durch Hausärzte würde die Spitäler entlasten.

Wieso setzen Ärzte Paxlovid so zurückhaltend ein?

Das hat mit der Wechselwirkung von Medikamenten zu tun. Risikopatienten, die für eine Behandlung mit Paxlovid infrage kommen, nehmen oft wegen anderer Erkrankungen Arzneimittel ein. Wird ihnen Ritonavir gegeben, kann dies den Abbau anderer Medikamente im Körper hemmen, was zu Nebenwirkungen führen kann. Das Abwägen, ob Paxlovid gegeben werden kann und ob die Dosis anderer Medikamente geändert werden muss, ist nicht einfach.

Wirkt die Tablette auch gegen Omikron?

Derzeit fehlen wissenschaftliche Studien. Laut bisherigen Untersuchungen am Menschen wirkt das Medikament gut gegen die Delta-Variante. Uns liegen aber Invitro-Daten vor, die zeigen, dass Paxlovid im Reagenzglas gegen alle Corona-Varianten Erfolge zeigt. Daraus kann man ableiten, dass das Mittel mit grösster Wahrscheinlichkeit auch im Körper gegen Omikron wirkt.

Das Gespräch führte Laura Sibold.

SRF 4 News, 21.07.2022, 18 Uhr ; 

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