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Das grosse Geschäft mit Alternativen zu Zigaretten
Aus 10 vor 10 vom 27.08.2020.
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Alternativen zu Zigaretten Tabaksticks: Ein Jackpot für die Tabakindustrie

Tabak-Konzerne wollen die Zigaretten mit weniger schädlichen Produkten ersetzen – und verdienen damit massiv mehr Geld, wie das Beispiel Iqos zeigt.

Der Marlboro Man ist tot. An Krebs gestorben. Spätestens dieses Fanal war der ultimative Weckruf für die Tabakkonzerne. Klar, der Marlboro Man ist eine Kunstfigur und es gab mehrere Interpreten dieser Rolle. Darunter auch ein Nichtraucher, der letztes Jahr mit 90 Jahren verstorben ist. Die meisten seiner Kollegen schieden aber an Lungenkrebs oder anderen Atemwegserkrankungen dahin. Der erste 1987.

Das ist längst Geschichte, hat aber die Tabakindustrie nachhaltig verändert. Heute fällt auf, dass sich die grossen Namen in diesem Geschäft mit nikotinhaltigen Suchtmitteln zusehends auf neue Produkte verlagern, die weniger schädlich sind als die herkömmliche Zigarette. Sehr offensiv macht dies in der Schweiz Philipp Morris, der weltweit zweitgrösste Tabakkonzern.

Iqos – das Nespresso der Tabakindustrie

Iqos heisst das Produkt. Die Entwicklung fand mehrheitlich am Forschungs- und Entwicklungsstandort von Philipp Morris in Lausanne statt. Das Konzept besteht aus einem Gerät, das Tabaksticks auf 300 Grad erhitzt. Die dazu passenden Sticks heissen Heets.

Ein Iqos-Stick mit passendem Etui.
Legende: Die schillernden Farben des Iqos-Geräts sollen die Wertigkeit erhöhen und Emotionen verströmen. Reuters

Ins Auge sticht, dass der Tabakkonzern dieses Produkt auf eine Art vermarktet, die durch einen Schweizer Grosskonzern geprägt worden ist: Nestlé mit Nespresso.

  • Eigene Läden: Sie werden als Boutiquen bezeichnet und befinden sich an Toplagen. Dadurch kann Philipp Morris den Markenauftritt besser kontrollieren, die Kunden ans erklärungsbedürftige System heranführen und sie mit Promotionen stärker binden.
  • Farb- und Formsprache: Das Iqos-Gerät ist in verschiedenen schillernden Farben – ähnlich wie die Nespresso-Kapseln – erhältlich, die Wertigkeit und Emotionen verströmen sollen. Die einzelnen Bestandteile des Gerätes lassen sich farblich kombinieren – weil Personalisierung bei in Massen produzierten Konsumgütern als wichtiges Feature gilt. Verschiedene zusätzliche Produkte, die unter dem Iqos-Brand vertrieben werden, folgen ebenfalls dieser Logik.
  • Lock-in-System: Nur die Tabaksticks von Philipp Morris passen in den Iqos-Erhitzer. Mit dem Kauf des Geräts, das in der gebräuchlichsten Ausführung über 100 Franken kostet, ist der Kunde quasi im System gefangen. Dasselbe war bei Nespresso der Fall, bis der Patentschutz abgelaufen war. Heute gibt es eine Vielzahl von Kapseln von Drittherstellern. Bei Philipp Morris hält der Patentschutz noch für Jahre und das System sei mit über 5000 Patenten geschützt.
  • Community-Building: Philipp Morris stellt auf der Iqos-Webseite den Tabakkonsum als Lifestyle-Story dar. Kunden werden motiviert, sich zu registrieren. Gelockt wird mit Zusatzangeboten und Promotionen.

Höhere Marge als mit herkömmlichen Zigaretten

All diese Ebenen in der Kundenansprache verfolgen dasselbe Ziel: Die Nikotin-Konsumenten an sich zu binden. Und das Geschäftsmodell scheint Zuspruch zu finden. Ende 2019 meldete Philipp Morris, dass in der Schweiz die Zahl von 100'000 Iqos-Kunden erreicht worden sei. Aktuell heisst es, man habe einen Anteil von vier Prozent des Gesamtmarktes für Zigaretten und ähnliche Tabakprodukte in der Schweiz erreicht

Neues Tabakgesetz

Box aufklappen Box zuklappen

Bis jetzt gibt es zum Tabak als Konsumprodukt kein eigentliches Gesetz in der Schweiz. Ein Teil ist im Lebensmittelgesetz geregelt. Bereits seit Jahren ist die Politik damit befasst, ein eigentliches Tabakgesetz auf den Weg zu bringen. Mit dem Ziel, die Bevölkerung besser vor den schädlichen Auswirkungen des Konsums von Tabakprodukten und elektronischen Zigaretten zu schützen.

Das Gesetz soll voraussichtlich 2023 in Kraft treten. Gleichzeitig ist die Höhe der Steuern und Abgaben von alternativen Nikotin-Produkten in Diskussion.

Wirtschaftsliberale Kreise wollen diese Produkte weniger besteuern, mit dem Argument, dass sie auch weniger schädlich seien. Vertreter von Präventionsorganisationen fordern hingegen eine gleiche Handhabung wie bei den herkömmlichen Zigaretten. Anfang Oktober findet dazu eine Anhörung mit Vertretern der Tabak-Industrie und der Tabak-Prävention statt.

Iqos wird international vertrieben und konzernweit wird mittlerweile ein Viertel des Umsatzes bei Philipp Morris mit Alternativen zu Zigaretten erzielt. Mit der Revision des Tabakgesetzes (siehe Box) könnte sich die Situation – zumindest in der Schweiz – bald ändern.

10vor10, 27.8.2020, 21:50 Uhr

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