«Ich wurde heute Morgen komplett überrascht und bin konsterniert», sagt Lisa Drössler, Geschäftsführerin der Schüleraustausch-Organisation AFS Schweiz. Die Ankündigung komme zu einer ungünstigen Zeit, denn derzeit seien viele Jugendliche daran, ihren Auslandsaufenthalt in den USA vorzubereiten.
Drössler habe damit gerechnet, dass es im laufenden Jahr für ein Visum länger dauern könnte, weil in den Botschaften und bei den zuständigen Behörden das Personal reduziert worden sei. Aber mit einem Stopp der Visaerteilung habe sie nicht gerechnet.
AFS ist eine international tätige, parteipolitisch unabhängige, gemeinnützige Organisation. Sie organisiert Austauschprogramme in unterschiedlichen Ländern. Pro Jahr reisen bis zu 190 Jugendliche aus der Schweiz ins Ausland, um dort Erfahrungen zu sammeln. AFS organisiert den Austausch mit anderen Schulen sowie den Gastfamilien. In der Regel sind das Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren. Im laufenden Jahre reisen 30 bis 40 Jugendliche mit der Organisation in die USA – das ist zumindest der Plan.
Betroffene wollen wissen, wie es weitergeht.
Dass die USA die Visaverfahren stoppen, gebe ihr zu denken, sagt Lisa Drössler, denn eigentlich stünde das Land für die Freiheit. «Es haben sich die ersten Betroffenen bei uns gemeldet, die verunsichert sind und wissen wollen, wie es weitergeht.»
Und: «Wir müssen nun selber Informationen sammeln», so Drössler. Es sei unklar, ob der Stopp der Verfahren nur vorübergehend sei oder länger dauern könnte. Im Extremfall müssten auch andere Länder für den Austausch in Betracht gezogen werden, falls es mit den USA nicht klappen sollte.
Schüler werden durchleuchtet
US-Aussenminister Marco Rubio hat die Botschaften und Konsulate angewiesen, die Verfahren zur Aufnahme ausländischer Studenten zu stoppen. Vorerst sollen keine neuen Termine für Antragsteller auf Studenten- und Austauschvisa vereinbart werden. Denn die USA wollen genauer kontrollieren und prüfen, wer ins Land reist. Das Aussenministerium will den Mechanismus überarbeiten.
Vor allem sollen Äusserungen der Interessenten in den Sozialen Medien besser kontrolliert werden. Mit anderen Worten: Wer sich auf Instagram, Facebook oder anderen Plattformen kritisch äussert, könnte eine Absage erhalten. Derzeit werden die Anleitungen für die Kontrollen aktualisiert.
«Wir haben Zweifel daran, dass diese Visabestimmungen, die eine sehr grosse Anzahl von Personen betreffen würden, überhaupt umsetzbar sind», so Christine Leimgruber, Geschäftsführerin des schweizerischen Dachverbands für Jugendaustausch Intermundo, gegenüber SRF.
«Wir empfehlen allen, die nächsten Tage abzuwarten». Man wisse, dass in der Regierung von Donald Trump schon bald wieder alles anders sein könne. Die grösste Sorge sei, dass sich der Visaprozess in die Länge ziehe und dass es dann für die Reise im August zu knapp werden könne.
Gemäss Intermundo machen pro Jahr mehrere hundert Jugendliche aus der Schweiz eine Ausbildung in den USA. Das sind zum einen die Austauschprogramme und zum anderen auch die Sprachkurse von privaten Firmen.
In den USA gebe es zudem bereits Partnerorganisationen, welche den Jugendlichen empfehlen, ihre Social-Media-Accounts zu löschen – jenen Studentinnen und Studenten, die bereits einen Termin haben und sich demnächst bei einer Botschaft melden müssen.