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Bankenkrise in den USA Warum es eine US-Regionalbank nach der anderen erwischt

Seit dem Zusammenbruch der kalifornischen Silicon Valley Bank trifft es – wie Dominosteine – ein Finanzhaus nach dem anderen. Diese Woche war die Bank First Republic an der Reihe. Nun müssen mindestens drei weitere Regionalbanken zittern. Viele betroffene Banken sind zu hohe Risiken eingegangen.

Das Muster wiederholt sich stets aufs Neue. Sobald eine Bank in Verruf gerät, sobald es heisst, sie sei nicht mehr ganz sicher, beginnt der Teufelskreis: Die Kundschaft zieht ihr Geld vom Konto ab. Die Bank kann deshalb nicht anders, als hastig Finanzanlagen zu verkaufen, um die Gelder an die Kundschaft auszuzahlen.

Grosse Versuchung

Das Problem dabei ist, dass die Bank Verluste erleidet. Denn ihre Anlagen haben an Wert verloren. Das kommt daher, dass sie ihre Investitionen in einer Zeit machte, als die Zinsen niedrig waren. Damals sei die Versuchung gross gewesen, übermässige Risiken einzugehen, sagt Finanzprofessorin Lena Tonzer von der deutschen Universität Magdeburg.

«Die Banken waren in den letzten Jahren in einem besonderen Umfeld, wo die Zinsen sehr niedrig waren», erklärt Tonzer. Sie hätten deshalb versucht, in Geschäfte zu gehen, mit denen Gewinne erzielt und die Profitabilität aufrechterhalten werden konnten. «Das kann dazu führen, dass die eine oder andere Bank ein Geschäftsmodell im Übermass aufbaut – und ausreizt», sagt Finanzprofessorin Tonzer.

Sensible Grosskundschaft

Das Geschäftsmodell vieler US-Regionalbanken war also auf Sand gebaut. Deren Management suchte das rasche Wachstum, nahm im grossen Stil auch grosse Geldbeträge reicher Kundinnen und Kunden an. Die Banken steckten dann oft stattliche Beträge in vermeintlich lukrative Kredite für Gewerbeimmobilien. Oder sie kauften langfristige Anleihen, die eine vergleichsweise hohe Rendite versprachen.

Ein Mann läuft an einer Filiale der First Republic vorbei.
Legende: Diese Woche geriet die US-Regionalbank First Republic ins Straucheln – mindestens drei Weitere zittern. Reuters/Loren Elliott

Als der US-Immobilienmarkt zu schwächeln begann und – bei rasch steigenden Zinsen – der Marktwert der Anleihen sank, wurde es brenzlig für die Banken. Bald sickerte das Wissen über die schlummernden Risiken in den Bankbilanzen an die Öffentlichkeit durch.

Zudem reagiert die Bankkundschaft in der laufenden Krise besonders flink. Alle wissen: Die US-Einlagensicherung schützt normalerweise nur Vermögen bis 250'000 Dollar. Grosskunden drängen darum eilig zum Notausgang, sobald sie Lunte riechen.

Verhinderter Flächenbrand

Bisher konnten die amerikanischen Behörden einen Flächenbrand im Finanzsystem verhindern. Dabei hilft es, dass grosse Finanzkonzerne stabil dastehen, beispielsweise JPMorgan Chase. Der Branchenriese hat am Montag kurzerhand die gestrauchelte First Republic, unterstützt vom US-Einlagensicherungsfonds FDIC, übernommen. So halten sich die Kosten für die Allgemeinheit in Grenzen.

Allerdings sorgt das Geschehen in den USA auch in Europa für Unruhe. Es gibt zwar kaum Anzeichen dafür, dass europäische Finanzhäuser gleichermassen gefährdet sind. Durch die zusätzlichen Regelungen, die nach der Finanzkrise 2007 und 2008 eingeführt wurden, sei ein gewisser Puffer da, um Ähnliches abzufedern, so Tonzer, und fügt an: «Aber sicher kann man das nie sagen.»

Die Akteure an den internationalen Finanzmärkten hoffen nun, dass die Situation unter Kontrolle bleibt. Für Zuversicht sorgt der Umstand, dass die US-Notenbank die Zinsen voraussichtlich nicht noch sehr viel weiter erhöhen dürfte. Das dämpft den Druck auf die US-Regionalbanken etwas.

Echo der Zeit, 05.05.2023, 18:00 Uhr

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