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Pensionierte kehren zurück in den Job
Aus 10 vor 10 vom 13.03.2023.
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Berufsleben reloaded Wenn Pensionierte ins Arbeitsleben zurückkehren

Was treibt Menschen an, im Alter wieder zu arbeiten? Eine Lehrerin und ein Rettungssanitäter stehen wieder im Berufsleben – und sind zufrieden.

Rosemarie Fischlin war bereits pensioniert, als eine Kollegin sie fragte, ob sie nicht kurzfristig in einem Kindergarten aushelfen könnte. Das tat sie. Nach einem weiteren Kurzeinsatz kam ein Schreiben vom Kanton St. Gallen: Wegen des Fachkräftemangels fragte der Kanton pensionierte Lehrerinnen und Lehrer, ob sie sich einen Wiedereinstieg vorstellen könnten.

Inzwischen ist sie 69 Jahre alt und unterrichtet eine Integrationsklasse in Altstätten. Gemeinsam mit einer Ukrainerin, die vor einem Jahr aus Mariupol geflüchtet ist, hilft sie Kindern zwischen 7 und 16 Jahren, in der Schweiz anzukommen.

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Rosemarie Fischlin: «Die Arbeit im Team hat mir in der Pension gefehlt»
Aus News-Clip vom 01.03.2023.
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«Es ist herausfordernd für mich gewesen, da ich ja eigentlich damit abgeschlossen hatte», erinnert sie sich. «Aber dann habe ich gemerkt, wie viel Freude es mir bringt.»

Ähnlich ereignete sich der Wiedereinstieg bei Roland Châtelain. Der 67-Jährige war bereits rund drei Jahre pensioniert, nach 34 Jahren als Rettungssanitäter. Da rief Martin Gabi an. Der Leiter der Sanität Basel-Stadt suchte händeringend nach Personal. Die Rettungseinsätze in Basel waren übermässig angestiegen.

10 Prozent der über 65-Jährigen wären bereit

Châtelain sei überrascht gewesen, aber auch erfreut: «Es ist ja schön, wenn man noch einmal angefragt wird. Dann hat man seinen Job vermutlich nicht allzu schlecht gemacht.»

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Roland Châtelain: «Ich kann wählen, wann und wie ich arbeite»
Aus News-Clip vom 01.03.2023.
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Nun arbeitet er rund zwei Tage pro Woche. Die 12-Stunden-Schichten könne er noch gut wegstecken. Aber: «Früher ist man am Abend vielleicht noch einen schnappen gegangen. Jetzt gehe ich nach dem Dienst nach Hause und klinke mich aus.»

Ich brauche mehr Zeit, um zu regenerieren.
Autor: Rosemarie Fischlin Lehrerin

Auch Rosemarie Fischlin merkt, dass nicht mehr alles möglich ist: «Ich merke die Lärmempfindlichkeit. Und die Belastbarkeit hat sich verändert. Ich brauche mehr Zeit, um zu regenerieren.»

Roland Châtelain und Rosemarie Fischlin gehören zu einer Minderheit. Laut der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) wären 10 Prozent der Pensionierten zwischen 65 und 70 Jahren bereit, wieder zu arbeiten. Diejenigen, die es tatsächlich tun, dürften deutlich weniger sein.

Ein Fünftel arbeitet über das Rentenalter hinaus

Ein anderes Phänomen ist verbreiteter: gar nicht erst in Ruhestand zu gehen. Ende 2022 waren in der Schweiz 183'000 Menschen über 65 berufstätig.

Laut einer Studie von Swiss Life von 2021 arbeitet ein Fünftel der Angestellten über das ordentliche Rentenalter hinaus. Vor der Pensionierung geben in der Befragung noch rund 42 Prozent an, sich das vorstellen zu können. Tatsächlich länger arbeiten tun am Ende also weniger.

In gewissen Branchen, wie beispielsweise der Landwirtschaft oder der Kunst, ist die Arbeit über das Rentenalter hinaus gar die Regel. Hingegen gehen Bankangestellte vergleichsweise früh in Pension.

Ältere Arbeitskräfte haben andere Bedürfnisse

Arbeitgeber müssten sich auf ältere Arbeitskräfte spezifisch einstellen, sagt Alexander Widmer. Er ist Teil der Geschäftsführung der Non-Profit-Organisation Pro Senectute. HR-Abteilungen sollten sich weniger um Frühpensionierungen kümmern, sondern mehr auf die Verlängerung der Arbeitszeit.

Dem stimmen auch die Betroffenen zu. In einer Umfrage von Swiss Life finden mehr als 70 Prozent der Erwerbstätigen vor dem Pensionsalter: Unternehmen sollten mehr Anreize schaffen, dass Arbeit nach der Pensionierung attraktiver wird.

Bei Sanitäter Roland Châtelain ist das gegeben. Leiter Martin Gabi sagt: «Sie können frei wählen, wie viele Dienste sie pro Monat übernehmen wollen. Das funktioniert sehr gut.» Gabi konnte 5 Pensionierte in den Dienst zurückholen.

Alt und gesund

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  • Das Alter ist nicht zwingend mit Krankheit verbunden: In der Schweiz halten laut Bundesamt für Gesundheit fast Dreiviertel der 75-Jährigen ihre Gesundheit für gut oder sogar sehr gut.
  • Die Pension wird immer länger: Heute verbringen Männer in der Schweiz etwa ein Viertel ihres Lebens im Ruhestand. 1980 waren es weniger als 20 Prozent. Unter den Frauen sind die Zahlen noch ausgeprägter: Seit Jahrzehnten verbringen sie knapp 30 Prozent ihres Lebens im Ruhestand.

Auch Rosemarie Fischlin ist mit ihrem 50-Prozent-Pensum in der Integrationsklasse zufrieden. Sie führt nebenbei noch eine Yoga-Schule. Dennoch ist sie froh, wieder eingestiegen zu sein. «Ich schätze die Vielfältigkeit und die Kreativität in diesem Job. Und ich empfinde es auch als Bereicherung, im gegenwärtigen Moment zu sein. Man muss das Kind dort abholen, wo es gerade ist.»

Die Arbeit im Alter habe auch Vorteile: «Ich bin ruhiger und gelassener im Umgang mit den Kindern und mit den Kolleginnen und Kollegen. Ich habe sehr viel Geduld», sagt Fischlin. Das bestätigt auch ihr Vorgesetzter, Schulleiter Marco Schraner: «Pensionierte Lehrpersonen bringen Ruhe und Gelassenheit in den Schulbetrieb – auch eine gewisse Abgeklärtheit. Das tut gut.»

Widmer: «Es sind eher Menschen mit Hochschulabschlüssen»

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SRF: Wird es künftig normal werden, zumindest in kleinen Pensen in den Job zurückzukehren?

Alexander Widmer, Pro Senectute: Das kann durchaus sein. Die heutige Situation des Fachkräftemangels trägt sicher dazu bei, dass diese Leute gefragt sind und leicht Möglichkeiten finden, um weiterzuarbeiten.

Das gilt aber nicht für alle Jobs und Branchen, oder?

Absolut. Es sind eher Menschen mit einem tertiären Abschluss, also an Universitäten oder Hochschulen, die teils länger arbeiten. In Berufen, die körperlich sehr anstrengend sind, können wir das noch nicht beobachten.

Was treibt die Menschen an, wieder in den Beruf zurückzukehren?

Umfragen zeigen, dass die meisten das aus Freude am Job machen. Die Tätigkeit motiviert sie wieder. Finanzielle Aspekte sind zweitrangig. Nur knapp ein Viertel gibt das als Grund an.

Rosemarie Fischlin will weitermachen, solange es Spass macht. «Aber ich denke, ungefähr mit 70 Jahren wird es dann Zeit, mich wirklich zu verabschieden.» Auch Roland Châtelain denkt, dass er im Laufe dieses Jahres definitiv in den Ruhestand gehen wird.

Arbeit über das Pensionsalter hinaus ist eine Entscheidung auf Zeit – aber eine Entscheidung, die für beide Seiten ein Gewinn sein kann.

10vor10, 3.3.2023, 21:50 Uhr

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