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Bundesrätin zu UBS-Garantien Keller-Sutter zu Credit Suisse: «Es ist ihr eigenes Versagen»

Ab heute trägt der Bund kein Risiko mehr aus den Garantien gegenüber der SNB und der UBS. Finanzministerin Karin Keller-Sutter erklärt ihre Erleichterung über das Ende der UBS-Garantien und ordnet den potenziell bevorstehenden Stellenabbau bei der UBS ein.

Karin Keller-Sutter

Bundesrätin

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Karin Keller-Sutter ist seit dem 1. Januar 2019 Mitglied des Bundesrats und seit 2023 Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD). Die St. Gallerin wurde 1963 geboren, ist ausgebildete Dolmetscherin und Mittelschullehrerin. Bis 2000 arbeitete sie als selbständige Übersetzerin und Lehrbeauftragte einer Berufsschule. Von 2000 bis 2012 war die FDP-Politikerin Regierungsrätin des Kantons St. Gallen. Von 2011 bis zu ihrer Wahl in den Bundesrat war Keller-Sutter im Ständerat.

SRF: Was überwiegt bei Ihnen: Die Erleichterung, dass der Bund ohne Schaden aus dieser Krise kommt oder die Sorge, dass die Schweiz mit der neuen UBS ein noch grösseres Risiko hat?

Karin Keller-Sutter: Für mich ist die Erleichterung momentan gross. Dass wir so schnell das Ergebnis erzielen konnten, nämlich die Stabilisierung des Finanzplatzes. Wir haben verhindert, dass die Credit Suisse ungeordnet Konkurs geht und die Menschen, die Guthaben oder Bankkonti hatten, keinen Zugriff mehr darauf gehabt hätten. Das hätte eine massgebliche Krise ausgelöst. Das überwiegt heute. Aber die Arbeit geht selbstverständlich weiter, wir müssen auch verhindern, dass so etwas wieder geschehen kann.

Bundesrätin Karin-Keller Sutter spricht an der Medienkonferenz über die Auflösung der UBS-Garantien
Legende: Laut Bundesrätin Karin-Keller Sutter wusste die UBS, dass es der Wunsch des Bundes ist, dass diese Garantie schnell fällt. Darüber sei sie heute froh. «Der Steuerzahler ist nicht im Risiko», sagt die Finanzministerin. KEYSTONE/Peter Schneider

Wir stehen mit einer Bank da, die potenziell ein noch grösseres Risiko darstellt für die kleine Schweiz.

Wir werden sehen, wie sich die UBS präsentiert. Die Grösse der Bank allein ist nicht entscheidend für das Risiko. Es ist die Frage der Risikokontrolle und des Geschäftsmodells in der Bank. Das ist das, was versagt hat bei der Credit Suisse.

Besteht durch die schnelle Auflösung der Garantien nicht das Risiko, dass die politische Bereitschaft sinkt, Massnahmen zur Sicherheit der Banken zu ergreifen?

Das glaube ich nicht. Die Schweiz hat eine besondere Verantwortung, sie hat einen wichtigen Finanzplatz. Wir haben gezeigt, dass wir handlungsfähig sind und dass wir ihn stabilisieren konnten. Das wurde auch international anerkannt.  

Man ist vielleicht etwas nüchterner, wenn diese Garantien nicht mehr bestehen.

Wir müssen aber jetzt zuerst denken und dann handeln. Zuerst die Massnahmen analysieren, die das gewünschte Ziel erreichen, und nicht aus einer Empörung heraus etwas regulieren. Ich denke, dass diese Bereitschaft vielleicht grösser ist, wenn dieser Keil weg ist. Man ist vielleicht etwas nüchterner, wenn diese Garantien nicht mehr bestehen.

Sie haben an der Medienkonferenz auch Emotionen gezeigt. Heisst das, für Sie bleibt ein Ärger, dass eine Grossbank die Schweiz in diese Situation gebracht hat?

Ich musste damals als Finanzministerin meine Rolle spielen und die war, die Schweiz und ihre Bürgerinnen und Bürger vor Schaden zu bewahren. Aber glauben Sie nicht, dass ich mich nicht gleich geärgert habe wie die Menschen in diesem Land, dass eine Bank ihre Verantwortung nicht wahrgenommen hat. Warum waren wir am 19. März am Abend an diesem Punkt? Nicht wegen des Bundesrats oder anderer Gremien, sondern weil die Verantwortung in einem Unternehmen nicht wahrgenommen wurde. Das ärgerte mich und das ist mir auch nahe gegangen.

Es gibt Stimmen, die sagen, dass die Situation damals gar nicht so gravierend war und dass die Finma und der Bundesrat nicht mutig gewesen seien – sonst hätten wir heute noch zwei Grossbanken.

Ich war zweieinhalb Monate im Amt und ich habe diese Zuspitzung der Krise im März erlebt. Das ist einfach faktenwidrig, wenn man das behauptet. Am 19. März am Abend hat die Credit Suisse fast 170 Milliarden Not-Liquidität beantragt. Die CS, da sind sich alle Experten einig, hätte die Woche nicht überlebt. Das war entscheidend für das Eingreifen des Bundesrats.

Es ist letztlich ihr eigenes Versagen, dass es sie in der alten Form nicht mehr gibt.

Sie haben an der Medienkonferenz nicht gerne von Gewinnern und Verlierern gesprochen. Trotzdem kann man sagen, die Schweiz hat eine wichtige Bank verloren – und wahrscheinlich werden Tausende ihre Stellen verlieren. Dann gibt es doch Verlierer?

Ich hätte es auch gerne anders gehabt. Wenn ich mir das hätte wünschen können, wäre es gut gewesen, dass die Credit Suisse hätte weiterbestehen können. Aber es ist letztlich ihr eigenes Versagen, dass es sie in der alten Form nicht mehr gibt. Ich denke, es hätte aber ohnehin Veränderungen gegeben auf dem Finanzplatz. Die Credit Suisse hat damals auch Restrukturierungen angekündigt. Stellen Sie sich vor, die Credit Suisse wäre Konkurs gegangen, dann wären alle Stellen weg gewesen. Man muss das auch immer vergleichen, eine weniger schlechte Situation mit der ganz schlechten Situation.

Das Gespräch führte Georg Halter.

Tagesschau, 11.08.2023, 12:45 Uhr ; 

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