«Die Milchproduktion muss attraktiver werden», sagt Boris Beuret, Präsident des Verbands Schweizer Milchproduzenten an deren Delegiertenversammlung. Ansonsten fehle in Zukunft die Bereitschaft von Bäuerinnen und Bauern zu investieren.
Das heisst auch: Er will einen höheren Milchpreis . Dies, obwohl der Preis auf dem höchsten Stand seit 15 Jahren ist.
Geht es um die Milch, gehen die Emotionen hoch. Nach massiven Protesten auf der Strasse haben die Milchproduzenten Anfang März erreicht, dass der Richtpreis pro Liter Milch ab dem 1. Juli 2024 um drei Rappen auf 82 Rappen erhöht wird. Grund dafür waren die rückläufigen Käseexporte, so Beuret. «Die Situation auf dem Milchmarkt ist schwierig.»
Mehr Perspektiven für junge Bauern
Die Preiserhöhung sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, genüge aber nicht: «Um die Milchmenge in der Schweiz zu halten, müssen wir die Kosten decken». Sonst werde die Milchproduktion sinken, sagt Boris Beuret.
Die Produktionskosten seien überproportional gestiegen, darunter leide die Rentabilität. Die Milchproduzenten fordern deshalb eine Milchpreiserhöhung von fünf Rappen.
Um die Milchmenge in der Schweiz zu halten, müssen wir die Kosten decken.
«Die jungen Bauern müssen in neue Ställe und Einrichtungen investieren können. Das ist mit dem aktuellen Preis momentan sehr schwierig». Der 47-jährige ETH-Agronom Beuret führt mit seiner Familie in Corban im Kanton Jura einen Bio-Milchwirtschaftsbetrieb.
Kritik am Unternehmergeist der Bauern
Die Bauern müssten unternehmerischer denken, findet dagegen Patrick Dümmler, von der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse. Es gäbe zwar innovative Ansätze, und viele Bauern investierten in neue Ställe oder Melkroboter, doch einige rechneten zu wenig betriebswirtschaftlich.
Einige Bauern verlassen sich zu stark auf das aktuelle System und die bestehenden Subventionen.
Sie berücksichtigten die Kosten zu wenig, wie Servicekosten für Melkroboter, so Dümmler. «Einige Bauern verlassen sich zu stark auf das aktuelle System und die bestehenden Subventionen.»
Der Milchpreis ist ein Richtpreis, an dem sich die Branche orientiert, kein Durchschnittspreis. Wer als Bauer oder Bäuerin einen Mehrwert generiere, könne einen höheren Milchpreis erreichen, so Dümmler. Und zwar indem sie zum Beispiel auf Bioprodukte oder Weidefütterung setzen würden. Andere, die Milch an die Industrie verkaufen, konventionell produziert, würden wahrscheinlich weniger als den Richtpreis erhalten.
Die Macht der Grossverteiler
Die Richtpreise stehen in der Kritik. Die Grossverteiler Migros und Coop hätten zu viel Marktmacht und kassierten den Grossteil der Marge, beklagen sich Bauern. «Wo die Margen bleiben, ist ein Streitpunkt», so Dümmler. «Die beiden Player wissen natürlich, wie sie ihre Marktmacht einsetzen können.»
Die Migros schreibt auf Anfrage von SRF, die neuste Richtpreisanpassung von drei Rappen verteure die Milch für Konsumenten.
Umso wichtiger sei es für die Milchproduzenten, mit Protesten und Forderungen nicht zu übertreiben, so der Präsident der Milchproduzenten Boris Beuret: «Wir müssen glaubwürdig bleiben, auch die Demonstrationen dürfen gewisse Grenzen nicht überschreiten.»
Jammern auf hohem Niveau?
Im Vergleich zur Situation im Ausland geht es den Schweizer Bauern gut. So sitzen sie laut Dümmler bei der Milchpreisdiskussion mit am Tisch.
Es gäbe kaum einen Berufsstand in der Schweiz, der im Parlament so stark vertreten sei, wie die Bäuerinnen und Bauern, gemessen an ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Natürlich gäbe es einige, die Unterstützung bräuchten, aber auch solche, die sehr gut im aktuellen System leben würden: «In der Schweiz klagt man teilweise auf hohem Niveau», sagt Dümmler.