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Duales Bildungssystem Berufsbildung made in Switzerland – ein Exportgut mit Grenzen

Schokolade, Käse und Uhren – dafür ist die Schweiz berühmt. Weniger bekannt, aber genauso einzigartig: die Schweizer Berufslehre. Im Ausland stösst dieses Modell auf Interesse. Doch lässt sich die Lehre so einfach in andere Länder exportieren?

Rund zwei Drittel der Jugendlichen in der Schweiz entscheiden sich jedes Jahr für eine Lehre. Die Kombination aus Arbeit und Unterricht hat in der Schweiz Tradition. Im Ausland sieht dies anders aus: Nur wenige Länder verfügen über ein vergleichbares duales Bildungssystem.

Duale Berufsbildung in der Entwicklungszusammenarbeit

Die Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas will dies ändern. Die Organisation engagiert sich weltweit in Krisen- und Konfliktregionen – auch im Bildungsbereich. Ziel ist es, jungen Menschen durch praxisorientierte Berufsbildung bessere Perspektiven zu eröffnen.

«In vielen Ländern möchten die Jugendlichen studieren, weil sie sich damit die besten Zukunftsaussichten erhoffen», sagt Sabrina Würmli, Co-Leiterin Bildung bei Helvetas. Dabei biete die Berufslehre viele Vorteile: Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft würden zum Beispiel genau die Fachkräfte ausgebildet, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt seien.

Kein Patentrezept

Trotz der Vorteile – das Schweizer Bildungssystem lässt sich laut Sabrina Würmli nicht eins zu eins auf andere Länder übertragen. In der Schweiz habe die Berufslehre eine lange Tradition. Das Vertrauen in das duale Modell sei sowohl in der Gesellschaft als auch bei Unternehmen gross.

In vielen Ländern spielen Berufsabschlüsse im Arbeitsmarkt weiterhin kaum eine Rolle.
Autor: Markus Maurer Professor für Berufspädagogik an der PH Zürich

Das bestätigt Markus Maurer, Professor für Berufspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Berufsbildende Programme haben eine lange Tradition in der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit, die bis in die 1950er Jahre zurückreicht. Die Erfahrung zeige, dass viele dieser Programme nicht von Erfolg gekrönt seien. «In vielen Ländern spielen Berufsabschlüsse im Arbeitsmarkt weiterhin kaum eine Rolle», so Maurer, «und die besseren Jobs sind meist nur über akademische Ausbildungen zugänglich». In einem solchen Kontext sei es oft zielführender, Berufsausbildungen für mittlere- und höhere Qualifikationsstufen zu unterstützen, die einen Fachkräftebedarf haben.

Dieser Herausforderungen ist sich auch Sabrina Würmli bewusst. Deshalb versuche Helvetas, nur bestimmte Elemente aus der Schweizer Berufsbildung zu übernehmen und diese an die jeweiligen Kontexte anzupassen.

Halbjährige Lehre in Mosambik

Ein Beispiel ist Mosambik: Im südafrikanischen Land dauert die Lehre im Rahmen eines Helvetas-Projekts nur sechs Monate. Diese Anpassung sei nötig, da sich viele junge Menschen und vor allem Frauen in ländlichen Gebieten eine längere Ausbildung nicht leisten können, erklärt Pinto Mussane, Projektverantwortlicher bei Helvetas.

Zwei Frauen in blauer Arbeitskleidung führen mechanischen Beruf aus
Legende: In Mosambik bereitet Helvetas junge Menschen auf die Arbeitswelt vor. Helvetas/ZVG

Viele Jugendliche hätten ausserdem Schwierigkeiten mit Lesen und Schreiben. Deshalb beinhalte das Ausbildungsprogramm neben arbeitsspezifischem Unterricht auch die Vermittlung grundlegender Lese- und Rechenkenntnisse.

Stigmen in Kirgistan

Ein weiteres Beispiel ist Kirgistan. Im zentralasiatischen Land böten schon einige Betriebe in der Gastro- und Textilbranche eine Kurzausbildung nach Schweizer Vorbild an, so Altynai Moldoeva, Projektverantwortliche bei Helvetas. In der Zukunft wolle man sich auch auf das Baugewerbe und die Landwirtschaft konzentrieren.

Friseursalon mit drei Frauen, die am Haare schneiden sind
Legende: Helvetas unterstützt nach eigenen Angaben in Kirgistan pro Jahr 47'636 Menschen. Helvetas/Simon Opladen

Denn obwohl die Löhne im handwerklichen Bereich höher seien als in anderen Berufen, würden Handwerksberufe in Kirgistan oft – zu Unrecht – stigmatisiert.

Rendez-vous, 16.9.2025, 12:30 Uhr;brus

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