Der Blick zurück: Vergangenes Jahr trat er als Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ab. Ein Jahr lang war es ruhig um ihn – jetzt spricht Thomas Jordan im «Eco Talk» über die drängenden wirtschaftlichen Fragen und über seinen Abgang.
Zum US-Zolldeal: Es sei wichtig, sagt Jordan, dass die Schweiz wieder gleich lange Spiesse habe wie die EU. Wie gut der Werkplatz Schweiz aber die Investitionen von 200 Milliarden Dollar in den USA verkrafte, «wird man am Schluss ganz genau beurteilen müssen». Letztlich gehe es darum, möglichst viel Wertschöpfung in der Schweiz zu behalten. Die 39-Prozent-Zölle seien enorm schädlich gewesen, auch weil sie international ein negatives Bild der Schweiz abgegeben hätten. «Und wenn man auf dem US-Markt nicht präsent ist, kann das auch Auswirkungen auf Exporte in andere Märkte haben.»
Zum Handelsbilanz-Defizit: Die USA wollen das Problem bis 2028 aus der Welt schaffen – oder andernfalls «Änderungen am Abkommen vornehmen». Die Politik könne nur die Rahmenbedingungen ändern, etwa Handelshemmnisse ab- oder aufbauen, betont Jordan. Die Handelsbilanz sei jedoch das Resultat von Entscheidungen von Unternehmen und Individuen: «Das kann man nicht dirigistisch genau definieren.»
Zur UBS: Die «Financial Times» schreibt am Montag, UBS-Präsident Colm Kelleher habe mit dem US-Finanzminister konkrete Umzugspläne in die USA besprochen. Ob ein Wegzug der Grossbank realistisch ist, könne er nicht beurteilen, sagt Jordan. «Wichtig ist, dass man nicht mit solchen Drohungen kommt.» Es brauche einen sachlichen Dialog zwischen Bund und Bank über die Eigenkapital-Vorschriften, ohne Emotionen. Es brauche Stabilität auf der einen Seite, einen entwicklungsfähigen Finanzsektor auf der anderen. «Das ist nicht nur für die UBS und den Finanzsektor wichtig, sondern für die gesamte Wirtschaft.»
Zur schwachen Wirtschaft: Im dritten Quartal ist die Schweizer Wirtschaft um 0.5 Prozent geschrumpft gegenüber dem Vorquartal – auch wegen der US-Zölle. «Die Schweiz hatte schon lange nicht mehr ein so schwaches Wachstum», resümiert Jordan. Mit dem neuen Zoll-Deal erwartet er aber, dass es 2026 wieder aufwärts geht.
Zum CS-Aus: Kritiker werfen Jordan vor, er hätte damals grösser denken und die Credit Suisse retten können – ganz im Sinne von «whatever it takes», wie Mario Draghi in der Euro-Krise den Euro gerettet hatte. Jordan entgegnet: «Draghi sagte das nicht über eine Bank, sondern über seine Währung.» Blieb die SNB zu eng an den gesetzlichen Leitplanken kleben? «Das sind keine guten Aussagen. Die SNB muss sich immer an die gesetzlichen Leitplanken halten.» Die aktuellen Streitigkeiten um die AT1-Anleihen zeigten, was passieren könne, wenn man sich aufs Glatteis begibt.
Zu seinem Abgang bei der SNB: Viele waren damals überrascht. Er sei nicht gegangen, weil er genug von der Belastung hatte, sagt Jordan. «Für mich war es wichtig, dann aufzuhören, wenn die Leute sagen: ‹es ist gut, dass er noch da ist› – und nicht dann, wenn es zu spät ist.» Folgte auf den Abgang das Loch? «Ich kann mich gut für Neues begeistern», sagt Jordan, der heute im Verwaltungsrat der Zürich-Versicherungen sitzt. Es sei ihm nie um Macht gegangen, sondern stets darum, das Mandat richtig zu erfüllen.