Mütter in der Schweiz arbeiten häufiger in kleinen Pensen, während die Väter meist Vollzeit arbeiten. Das schmälert die Karrieremöglichkeiten der Mütter. In skandinavischen Ländern ist das viel ausgeglichener.
Wieso verhalten sich Mütter in der Schweiz so anders als ihre nordischen Pendants? Die Antwort ist vielschichtig: Wegen fehlender Strukturen, der Normen und der Möglichkeiten am Arbeitsplatz. Das alles beeinflusst die Entscheidung der Elternteile.
Fehlende Strukturen
Kinderbetreuung in der Schweiz ist teuer und fehlt in vielen Regionen noch immer. Gerade Ganztagesschulen sind in der Schweiz noch immer eher die Ausnahme als die Regel. Mehr als ein Drittel der Mütter würde eigentlich gerne mehr arbeiten, wenn die Kinderbetreuung günstiger und die Arbeit leichter mit der Betreuung zu vereinbaren wäre.
Die Kinderbetreuung ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass beide Eltern arbeiten können. Kinderbetreuung allein reicht aber nicht: In Österreich sind Kitas zum Beispiel viel günstiger und die Pensen der Mütter dennoch klein. Eine wichtige Erklärung sind die unterschiedlichen Normen.
Die Normen
Was als «normal» gilt, hängt vom eigenen sozialen Umfeld ab, aber auch von der gesellschaftlichen Erwartungshaltung. Im deutschen Sprachraum findet noch immer ein wesentlicher Teil der Bevölkerung (30-40 Prozent) , dass sich Mütter voll ihren kleinen Kindern widmen und nicht erwerbstätig sein sollten. In nordischen Ländern stimmen dieser Aussage weniger als 10 Prozent zu.
Die meisten Mütter in der Schweiz kümmern sich auch länger voll um ihre Kinder, als es das Gesetz vorsieht: Der Mutterschaftsurlaub endet in der Schweiz nach 14 Wochen. Nach 16 Wochen sind aber nur gerade 20 Prozent der Mütter wieder im Job tätig. Nach 40 Wochen sind 80 Prozent wieder erwerbstätig.
Das sind im internationalen Vergleich viele, aber sie arbeiten häufig in kleinen Pensen.
Die Arbeitgebenden
Familienfreundliche Arbeitsbedingungen – Teilzeitpensen, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice usw. – sind nicht in allen Jobs gleich gut möglich. Klar ist aber auch, dass einige Arbeitgebende mehr tun könnten, damit Mütter und Väter ihren Job mit der Familienarbeit vereinbaren könnten. Viele Mütter sagen, sie würden mehr im Job arbeiten, wenn die Arbeit leichter mit der Betreuungsarbeit zu vereinbaren wäre.
In gewissen Firmen sind Mütter schlicht nicht erwünscht: Über 10 Prozent der Mütter berichten , dass ihr Arbeitgeber ihnen vorgeschlagen hat, den Arbeitsvertrag «einvernehmlich» aufzulösen oder offen damit gedroht hat, ihnen nach dem Mutterschutz zu kündigen. Das ist illegal. Dass diese Arbeitgebenden keine Mütter beschäftigen wollen, könnte damit zusammenhängen, dass sie schlechte Erfahrungen mit Müttern gemacht haben. Zum Beispiel weil sie häufiger fehlen, weil ein Kind krank ist.
Die Entscheidung
Wenn beide Elternteile ähnlich hohe Pensen hätten, die Familienarbeit 50:50 aufteilen würden, würden sie zumindest ähnlich viel verdienen. In die gemeinsame Entscheidung spielt mit rein, wer vor dem ersten Kind wie viel verdient: Da die Väter häufig älter sind als die Mütter, hatten sie länger Zeit, sich beruflich zu entwickeln, und verdienen häufig mehr. Es ist also auch eine finanzielle Entscheidung. Mit langfristigen Folgen.