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Einkommensungleichheit Warum Mütter in der Schweiz so viel weniger verdienen als Väter

In keinem anderen wohlhabenden Land sind die Unterschiede grösser: Mütter verdienen in der Schweiz rund 60 Prozent weniger als Väter. Fehlende Strukturen, Normvorstellungen und die Arbeitgebenden tragen dazu bei.

Mütter in der Schweiz arbeiten häufiger in kleinen Pensen, während die Väter meist Vollzeit arbeiten. Das schmälert die Karrieremöglichkeiten der Mütter. In skandinavischen Ländern ist das viel ausgeglichener.

Wieso verhalten sich Mütter in der Schweiz so anders als ihre nordischen Pendants? Die Antwort ist vielschichtig: Wegen fehlender Strukturen, der Normen und der Möglichkeiten am Arbeitsplatz. Das alles beeinflusst die Entscheidung der Elternteile.

Fehlende Strukturen

Kinderbetreuung in der Schweiz ist teuer und fehlt in vielen Regionen noch immer. Gerade Ganztagesschulen sind in der Schweiz noch immer eher die Ausnahme als die Regel. Mehr als ein Drittel der Mütter würde eigentlich gerne mehr arbeiten, wenn die Kinderbetreuung günstiger und die Arbeit leichter mit der Betreuung zu vereinbaren wäre.

Die Kinderbetreuung ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass beide Eltern arbeiten können. Kinderbetreuung allein reicht aber nicht: In Österreich sind Kitas zum Beispiel viel günstiger und die Pensen der Mütter dennoch klein. Eine wichtige Erklärung sind die unterschiedlichen Normen.

Die Normen

Was als «normal» gilt, hängt vom eigenen sozialen Umfeld ab, aber auch von der gesellschaftlichen Erwartungshaltung. Im deutschen Sprachraum findet noch immer ein wesentlicher Teil der Bevölkerung (30-40 Prozent) , dass sich Mütter voll ihren kleinen Kindern widmen und nicht erwerbstätig sein sollten. In nordischen Ländern stimmen dieser Aussage weniger als 10 Prozent zu.

Die meisten Mütter in der Schweiz kümmern sich auch länger voll um ihre Kinder, als es das Gesetz vorsieht: Der Mutterschaftsurlaub endet in der Schweiz nach 14 Wochen. Nach 16 Wochen sind aber nur gerade 20 Prozent der Mütter wieder im Job tätig. Nach 40 Wochen sind 80 Prozent wieder erwerbstätig.

Schwangere Frau mit Bauch steht an einem Pult mit Tastatur
Legende: Die Mutterschaftspause: Für viele Frauen gibt es ein Davor und Danach in Sachen Lohn. KEYSTONE/Gaetan Bally

Das sind im internationalen Vergleich viele, aber sie arbeiten häufig in kleinen Pensen.

Die Arbeitgebenden

Familienfreundliche Arbeitsbedingungen – Teilzeitpensen, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice usw. – sind nicht in allen Jobs gleich gut möglich. Klar ist aber auch, dass einige Arbeitgebende mehr tun könnten, damit Mütter und Väter ihren Job mit der Familienarbeit vereinbaren könnten. Viele Mütter sagen, sie würden mehr im Job arbeiten, wenn die Arbeit leichter mit der Betreuungsarbeit zu vereinbaren wäre.

In gewissen Firmen sind Mütter schlicht nicht erwünscht: Über 10 Prozent der Mütter berichten , dass ihr Arbeitgeber ihnen vorgeschlagen hat, den Arbeitsvertrag «einvernehmlich» aufzulösen oder offen damit gedroht hat, ihnen nach dem Mutterschutz zu kündigen. Das ist illegal. Dass diese Arbeitgebenden keine Mütter beschäftigen wollen, könnte damit zusammenhängen, dass sie schlechte Erfahrungen mit Müttern gemacht haben. Zum Beispiel weil sie häufiger fehlen, weil ein Kind krank ist.

Die Entscheidung

Wenn beide Elternteile ähnlich hohe Pensen hätten, die Familienarbeit 50:50 aufteilen würden, würden sie zumindest ähnlich viel verdienen. In die gemeinsame Entscheidung spielt mit rein, wer vor dem ersten Kind wie viel verdient: Da die Väter häufig älter sind als die Mütter, hatten sie länger Zeit, sich beruflich zu entwickeln, und verdienen häufig mehr. Es ist also auch eine finanzielle Entscheidung. Mit langfristigen Folgen.

Analyse der Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern

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Die Entscheidung der Frauen, bei der Geburt des ersten Kindes das Erwerbspensum zu reduzieren, erklärt einen grossen Teil der Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern, das zeigt auch eine neue Studie.

Durchschnittslöhne: Männer verdienen in der Schweiz im Schnitt bei einem Vollzeitpensum brutto rund 8317 Franken, Frauen rund 6817 Franken pro Monat. Die Frauen verdienen im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer, da sind sowohl Eltern als auch Kinderlose eingeschlossen. Das ist im Vergleich zur langfristigen Einkommenseinbusse der Mütter im Vergleich zu den Vätern von über 60 Prozent wenig.

Die Karriereverläufe sind sehr unterschiedlich: Besonders viele Männer arbeiten in sehr gut bezahlten Jobs, während besonders viele Frauen in tiefen Pensen wenig verdienen. Die mittleren Löhne (Median) liegen weniger weit auseinander. ( siehe Analyse des Forschungsbüros BSS , ganz unten auf der Webseite)

Medianlöhne: Die mittleren Löhne – die Hälfte verdient mehr, die andere Hälfte weniger – liegen weniger weit auseinander. Im Median verdienen Frauen 6090 Franken pro Monat und Männer 6921 Franken pro Monat. Gemessen am Median verdienen Frauen somit 12 Prozent weniger als Männer.

Trend, 20.11.2023, 9:05 Uhr;kobt

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