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Lohnungleichheit Die Lohnunterschiede wurden grösser, nicht kleiner

Der Grundsatz «gleicher Lohn für gleiche Arbeit» hat sich in der Schweiz nicht durchgesetzt, wie die Statistik zeigt.

Ob in der Privatwirtschaft oder bei der öffentlichen Hand: Im Durchschnitt verdienten Frauen im Jahr 2018 19 Prozent weniger als Männer. 2016 waren es noch gut 18 Prozent weniger.

Enttäuscht darüber zeigt sich Natalia Ferrara, Co-Präsidentin des Banken-Personalverbands. «Das heisst, dass die Arbeitgeber und die Sozialpartner generell es nicht geschafft haben, diese Lohndifferenz wegzubringen. Nun müssen wir einfach mal Stopp sagen. So geht es nicht weiter.»

Gerade im Banken- und im Versicherungssektor sind die Lohnunterschiede zwischen Frau und Mann gross: Sie machen über 33 Prozent aus.

Im Gastgewerbe verdienen alle schlecht

Vergleichsweise klein sind sie im Gastgewerbe mit gut 8 Prozent. Claudine Esseiva, Co-Präsidentin vom Verband Business and Professional Women Schweiz erklärt sich dies damit, dass im Gastgewerbe die Löhne auch für Männer eher schlecht sind.

Die freisinnige Berner Parlamentarierin ist aber überrascht, dass die Lohndifferenz deutlicher ausfällt, je höher die Kaderfunktion ist: «Je höher man die Karrierestufe hinaufsteigt, umso höher sind die Lohnunterschiede. Das zeigt, dass Frauen, die Karriere machen wollen, für die gleiche Leistung immer noch weniger verdienen.»

Lohngleichheit zwischen Mann und Frau wird schon lange gefordert.
Legende: Lohngleichheit zwischen Mann und Frau wird schon lange gefordert. Keystone

Esseiva hofft nun auf das neue Gesetz, das im letzten Jahr in Kraft getreten ist. Demnach sollen die Lohnunterschiede von Frau und Mann von Gesetzes wegen analysiert werden.

45 Prozent der Fälle nicht erklärt

Einen Teil der Lohnunterschiede kann man auf das Bildungsniveau zurückführen, auf die Anzahl Dienstjahre oder ob jemand in einer Führungsposition ist oder nicht. Gemäss Bundesamt für Statistik reichen solche Erklärungen für über 45 Prozent der Fälle nicht aus.

Daniella Lützelschwab vom Arbeitgeberverband hingegen kritisiert bereits die Methode der Berechnungen des Bundesamtes für Statistik. So würden beispielsweise die effektive Berufserfahrung oder Erwerbsunterbrüche durch Mutterschaften nicht berücksichtigt.

Liegt es an den Rahmenbedingungen?

Sie sieht folglich keinen Handlungsbedarf. «Wichtig für uns ist: Es geht um die Lohnunterschiede. Die schwanken und haben nicht mit einer Diskriminierung zu tun.» Sie wolle damit die Unternehmer nicht aus der Verantwortung nehmen, sagt Lützelschwab weiter. Sie sieht aber Verbesserungspotential bei den Rahmenbedingungen. «Wir haben heute solche Rahmenbedingungen, die immer noch dazu führen, dass eine Mutter sich überlegen muss, ob es sich lohnt, dass sie arbeitet. Das ist eine Rahmenbedingung, die wir verbessern sollten.»

Natalia Ferrara vom Bankenpersonalverband und Claudine Esseiva vom Verband Business and Professional Women Schweiz hingegen erwarten auch von Arbeitgebern, dass sie handeln und Frauen nicht schlechter bezahlen.

Esseiva ergänzt, aber auch die Frauen seien gefordert: Sie müssten bei Lohnverhandlungen mehr für sich kämpfen.

Rendez-vous vom 22.02.2021

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