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Ermutigender Jahresbeginn Der Corona-Blues auf dem Arbeitsmarkt ist vorbei

Im Vergleich zur Krisensituation vor Jahresfrist hat sich die Lage markant entspannt. Die Prognose ist sehr gut.

Freie Stellen für Junge gibt es derzeit in Hülle und Fülle, sagt Oliver Schärli vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Er überblickt die jüngsten Seco-Zahlen zum Arbeitsmarkt im Januar und freut sich.

Denn die Arbeitslosigkeit sei viel niedriger als vor einem Jahr: «Die 15- bis 24-Jährigen haben sogar schon wieder das Vorkrisenniveau von 2019 erreicht, das ein hervorragendes Jahr war. Auch die Alterskategorie der 25- bis 49-Jährigen ist nur noch ganz leicht über dem Vorkrisenniveau.»

Für Arbeitssuchende unter 50 Jahren sieht es also gut aus. Und wer älter ist, muss sich auch nicht grosse Sorgen machen. Bei den 50- bis 64-Jährigen sei zwar die Arbeitslosigkeit nach zwei Jahren Pandemie noch etwas erhöht. Aber das erstaunt Schärli nicht. Denn typischerweise, so sagt er, dauert es bei den Älteren länger, bis sich der Arbeitsmarkt auch für sie wieder ganz erholt. Die Jungen würden jeweils vorangehen.

Zuversichtlicher Ausblick

Von einer Krise seien die Jungen nämlich immer als Erste betroffen und würden zuerst arbeitslos, die Älteren als Letzte: «Umgekehrt ist es im Aufschwung: Die Jungen fassen als Erste wieder Fuss im Arbeitsmarkt, bei den Älteren dauert es etwas länger. Die Entwicklung ist aber auch für die älteren Arbeitnehmenden sehr gut und stimmt sehr zuversichtlich», sagt Schärli.

Wir sehen eher rosige Zeiten auf die Arbeitnehmenden zukommen.
Autor: Oliver Schärli Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)

Der Arbeitsmarkt-Experte des Bundes stützt seine Zuversicht auf die saisonbereinigten Daten. Bei diesen wird beispielsweise herausgerechnet, dass es im Winter, wenn es kalt ist, auf dem Bau weniger zu tun gibt. Insgesamt sank im Januar die Arbeitslosenquote – um solche Effekte korrigiert – auf niedrige 2.3 Prozent, also etwas unter die Dezemberzahl.

ETH-Experte überrascht und erfreut zugleich

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Michael Siegenthaler
Legende: Michael Siegenthaler Keystone

Michael Siegenthaler, Leiter der Sektion Schweizer Arbeitsmarkt bei der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich, ist zuversichtlich: «Wir sind überrascht, wie gut es auf dem Arbeitsmarkt aussieht.» Omikron führe zwar zu vielen Abwesenheiten und Krankheitsausfällen.

Die Firmen schienen die Ausnahmesituation insgesamt aber relativ gut zu verkraften – auch wenn es insbesondere im Gastgewerbe Umsatzverluste wegen der Ausfälle gegeben habe. Der Arbeitsmarkt allgemein befindet sich laut Siegenthaler schon seit Mitte letzten Jahres in einem «substanziellen Aufschwung».

Angesichts der düsteren Szenarien, die die ETH-Experten anfangs der Pandemie zeichneten, zeigt sich Siegenthaler erfreut und überrascht zugleich über die Entwicklung. «Vieles war damals unklar: Wie reagieren Bund und Kantone, was passiert mit den Firmen, gibt es Massenentlassungen und Konkurswellen?»

Dass viele Branchen nun bereits wieder auf dem Vorkrisenstand angelangt sind, konnte man laut Siegenthaler kaum so erwarten. Die umfassenden Hilfsmassnahmen des Bundes – Kurzarbeit, Covid-Kredite und Co. – haben also Früchte getragen. «Die schnelle Hilfe hat den Betrieben auch die Sicherheit gegeben, zu wissen, dass sie ihr Personal halten können.»

Zudem hatte die Schweiz mit ihrer Wirtschaftsstruktur auch Glück, schliesst der ETH-Experte. «Denn sie hat ziemlich viele Jobs, die sich für Homeoffice eignen, und sie ist auch nicht so vom Tourismus abhängig wie andere Länder.» Mit der Pharmabranche gebe es sogar eine Branche, die durchaus auch profitiert habe von der Pandemie.

«Saisonbereinigt stellen wir einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um über 5000 Personen fest. Das hat es so zwischen Dezember und Januar schon lange nicht mehr gegeben.» Nun soll es weiter aufwärtsgehen, sagt Schärli. Weil viele Firmen derzeit händeringend nach Personal suchen, spricht er von einer arbeitnehmerfreundlichen Situation. «Wir sehen eher rosige Zeiten auf die Arbeitnehmenden zukommen.»

Schärli bekräftigt auch die günstige Seco-Prognose für das laufende Jahr. Das Staatssekretariat für Wirtschaft sagt für 2022 eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 2.4 Prozent voraus. Das wäre fast so gut wie vor Corona. Die Devise am Schweizer Arbeitsmarkt lautet also «zurück zur Normalität».

Rendez-vous, 07.02.2022, 12:30 Uhr

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