Für die Schweizer Wirtschaft geht ein Jahr mit einer spezieller Währungssituation zu Ende. Seit Mitte Jahr zahlen Händler an der Börse für einen Euro weniger als für einen Franken. Phasenweise waren es nur noch 0.95 Franken, am Mittwochabend 0.9850 Franken.
Aufschrei bleibt aus
Auch wenn die neue Wechselkurs-Situation Schweizer Export-Produkte grundsätzlich verteuert, bleibt der Aufschrei der hiesigen Industrie bisher aus. Denn bei der ausländischen Konkurrenz sind die Produktionskosten viel stärker gestiegen als hierzulande, was auch dort die Produkte teurer macht. Man denke etwa an die erhöhten Lohnkosten infolge der Inflation.
«Schweizer Firmen haben diesbezüglich einen komparativen Vorteil. Wenn sie den über einen stärkeren Franken zum Euro wieder verlieren, können sie mit dem umgehen», sagt der Anlagechef der St. Galler Kantonalbank, Thomas Stucki. Oder anders gesagt: Die Inflation gleicht die nachteilige Wechselkurs-Situation für Schweizer Unternehmen wieder aus.
Verbessertes Risikomanagement
Auch hätten die hiesigen Unternehmen den Umgang mit ihren Währungsrisiken verbessert, sagt Stucki. «Die Firmen haben ihr Währungs-Risikomanagement in den letzten Jahren deutlich verfeinert. Das heisst, sie sichern ihre Währungsrisiken ab.»
Die Absicherungen der Schweizer Unternehmen laufen laut Stucki normalerweise ein bis maximal zwei Jahre. Werden diese Geschäfte erneuert, müsse man dies zu einem tieferen Eurokurs machen. «Dann wird es für die Firmen wieder schwieriger.»
Dass die Inflation im Euroraum aber bald zurückgeht, mag bezweifelt werden. Die Europäische Zentralbank EZB geht für 2023 von einer durchschnittlichen Inflation von 6.3 Prozent aus, was immer noch deutlich über der Schweizer Inflationsprognose von 2.4 Prozent liegt.