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Facebook bringt Digitalwährung «Libra» soll traditionelles Finanzsystem auf den Kopf stellen

Breite Unterstützung: Facebook will seine Digitalwährung «Libra» in der ersten Hälfte des kommenden Jahres an den Start bringen und damit in den weltweiten Zahlungsverkehr einsteigen. Von der Cyberwährung, die von Unternehmen wie Mastercard, PayPal und Spotify unterstützt wird, verspricht sich das weltgrösste soziale Netzwerk grosses Wachstum in der E-Commerce-Branche.

Bezahlen ohne eigenes Konto: Mit Libra sollen nicht nur Transaktionen zwischen Firmen und Verbrauchern, die Facebook nutzen, über die Bühne gebracht werden. Die Kryptowährung soll auch Menschen ohne eigenes Bankkonto erstmals Zugang zu Finanzdienstleistungen ermöglichen. Vor allem in Regionen wie Asien und Afrika dürfte das Potenzial von Libra gross sein. Facebook wird täglich von rund ein bis zwei Milliarden Menschen genutzt.

«Freiheit und Gerechtigkeit»

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Der Name Libra speist sich aus verschiedenen Quellen, wie Facebook-Manager David Marcus erläuterte, der das Projekt verantwortet. Demnach erinnert das Kryptogeld sowohl an eine alte römische Gewichtseinheit als auch an das astronomische Symbol für Gerechtigkeit und das französische Wort für Freiheit. «Freiheit, Gerechtigkeit und Geld – das ist genau das, um was es uns hier geht», sagte Marcus, der früher für den Online-Bezahldienst PayPal arbeitete.

Datenschutzbedenken auch bei «Libra»: Facebooks ehrgeiziges Vorhaben könnte mit erheblichen Hürden konfrontiert werden. Dazu zählen Datenschutzbedenken und Einschränkungen durch Aufsichtsbehörden. An der Wall Street gab es jedoch Vorschusslorbeeren: Im vorbörslichen Handel legte die Facebook-Aktie um 2,5 Prozent zu.

Mehr Stabilität als Bitcoin: Im Gegensatz zu der grössten und bekanntesten Kryptowährung Bitcoin soll Libra Medienberichten zufolge an einen Korb von mehreren Währungen geknüpft werden. Damit sollen Wertschwankungen wie bei Bitcoin vermieden werden. Bitcoin ist eine digitale Währung, die durch das Berechnen komplexer Algorithmen von Computern hergestellt wird.

Genf als Zentrum der «Weltwährung»: An Libra arbeitet Facebook gemeinsam mit 28 Partnern. Zuständig dafür ist die Libra Association, eine Einrichtung mit Sitz in Genf. Zusätzlich hat Facebook die Tochtergesellschaft Calibra aus der Taufe gehoben. Sie soll eine Art digitale Geldbeutel anbieten, mit deren Hilfe man die neue Währung aufbewahren, verschicken und ausgeben kann. Calibra soll mit Facebooks Plattformen Messenger und WhatsApp verbunden werden.

Einschätzung von SRF-Wirtschaftsredaktor Matthias Heim

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Mit der grossen Nutzerzahl und den Grosskonzernen wie Mastercard oder booking.com im Rücken kann Libra von einer breiten Piste aus starten. Anders ist das bei anderen, digitalen Währungen wie Bitcoins; sie sind bis heute in einer Nische geblieben. Aufgrund der schieren Grösse von Facebook werden viele Unternehmen mehr oder weniger freiwillig die neue Währung akzeptieren. Somit kommt der Netzwerkeffekt zum Tragen: Je mehr Firmen beteiligt sind, desto attraktiver die neue Währung. Doch wie jede Währung steht und fällt Libra mit dem Vertrauen der Anwender. Da Facebooks Glaubwürdigkeit wegen der zahlreichen Datenskandale ramponiert ist, muss das Unternehmen noch viel Überzeugungsarbeit leisten, um dieses Vertrauen gegenüber Libra herzustellen. Zumindest hier in Europa. Und ebenfalls muss sich weisen, ob Libra eine so stabile Währung wird, wie sich die Initianten erhoffen. Die grossen Kursschwankungen der bisherigen, digitalen Währungen müssen Facebook ein warnendes Signal sein.

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