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Fifa-Millionenbusse Geldwäschereiskandal bei Julius Bär offenbart Schwäche der Finma

Die Mitteilung der Privatbank Julius Bär vom Montagmorgen war eher dürr: Man habe sich mit dem US-Justizdepartement geeinigt und bezahle 79.7 Millionen Dollar, damit Untersuchungen im Zusammenhang mit korrumpierten Fifa-Geldern beendet werden.

Hinter der Mitteilung verbirgt sich ein Geldwäschereiskandal, der den Schweizer Finanzplatz erschütterte, wie lange nicht mehr. Während Jahren hat die Bank Gelder aus dubiosen Quellen angenommen, ohne sich an die gesetzlichen Bestimmungen der Geldwäscherei-Bekämpfung zu halten.

Nach heutigem Wissen fungierte die Bank nicht nur als willfährige Helferin für die Fifa, sondern auch für die venezolanischen Regierung oder die brasilianische Ölgesellschaft Petrobras. Schätzungen wie viel Geld dabei insgesamt im Spiel war, belaufen sich auf umgerechnet mehrere 100 Millionen Franken.

Erst die Gier, dann der Schaden

Sämtliche Verfehlungen der Bank stammen aus der Zeit, als Boris Collardi Chef war. 2009 stiess er dazu und wechselte 2017 zur Privatbank Pictet. In dieser Zeit verdoppelte er praktisch den Aktienkurs und den Gewinn vor allem durch Zukäufe auf über 800 Millionen Franken. Collardi verdiente in dieser Zeit gemäss Geschäftsbericht rund 56 Millionen Franken.

Die Nachbearbeitung der Ära Collardi kostete die Bank laut Julius Bär rund 100 Millionen Franken. Tausende von Kundendossiers mussten auf Geldwäscherei-Risiken hin überprüft werden. Nicht eingerechnet der Imageschaden.

Finma lässt Grosse laufen

Zu lange liess die Finanzmarktaufsicht (Finma) Collardi gewähren. Erst als Hinweise der US-Justiz nicht mehr zu ignorieren waren, griff sie ein. Die Finma hat in erster Linie die Aufgabe, den Finanzmarkt sicherzustellen. Deshalb reicht es ihr meist, wenn ein fehlbares Institut interne Aufsicht und Kontrolle verbessert. Ihre Sanktionsmöglichkeiten sind bescheiden und beschränken sich auf Gewinneinzug oder Berufsverbot für fehlbare Banker, allfällige Bussen spricht das Eidgenössische Finanzdepartement.

Doch die Finma könnte mehr tun. So stehen in ihrem Fokus selten die Chefs, obschon sie die interne Kultur im Umgang mit Geldwäscherei-Verdachtsfällen vorgeben. Verfolgt werden vor allem Compliance-Mitarbeiter, die die Transaktionen überprüfen. Im Gegensatz zu ihren Chefs, kann man ihnen konkretes Fehlverhalten nachweisen, wenn sie Verdachtsfälle nicht melden. Dann droht ihnen ein Verfahren wegen Unterlassen der Meldepflicht.

Internen Kontrolleuren droht Berufsverbot

Compliance-Mitarbeiter müssen Verdachtsfälle der Meldestelle für Geldwäscherei-Fälle melden. Tun sie dies nicht, drohen ihnen harte Strafen und jahrelange Verfahren, wie im Falle einer UBS-Mitarbeiterin, die einen Verdacht im Zusammenhang mit Petrobras übersah, weil sie mit der schieren Flut an Transaktionen überfordert war, oder im Falle eines Kundenberaters bei Vontobel, als es um Gelder einer Gaddafi nahestehender Person ging, dessen Namensschreibweise das interne Kontrollsystem nicht erkannte. Die Busse war mit 2000, respektive 3000 Franken gering – doch den Job und ihre Karriere sind sie für immer los.

Auch bei Julius Bär könnte es zu Verfahren gegen Compliance-Mitarbeiter kommen. Die Vorfälle waren so gravierend, dass nun vielleicht sogar Ex-Chef Collardi ins Visier geraten könnte.

Pascal Schumacher

Wirtschaftsredaktor

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Pascal Schumacher ist Jurist und Historiker. Er arbeitet seit 15 Jahren als Wirtschaftsreporter für das Schweizer Fernsehen.

SRF 4 News, 9.11.2020, 11 Uhr

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