In den obersten Führungsgremien der sogenannten Life-Science-Industrie ist der Frauenanteil grösser als in anderen Branchen. Das hat mit der internationalen Ausrichtung der Branche zu tun.
Die Unternehmen stehen international in Konkurrenz um neue Forschungsergebnisse und Innovationen. «Gemischte Teams sind kreativer», sagt Expertin Nicole Niedermann von der Universität St. Gallen. Die Erkenntnis sei in der Pharmaindustrie angekommen.
Wir haben einen Kampf um Talente in der Schweiz.
Zudem gibt es auch in der Life-Science-Branche einen Fachkräftemangel. «Wir haben einen Kampf um Talente in der Schweiz», bestätigt Silvia Schweickart, Chefin von Novartis Pharma Schweiz.
Zudem seien die Kunden des Grosskonzerns nicht nur Ärzte, sondern vermehrt auch Ärztinnen und Frauen, die im Gesundheitswesen arbeiten. Die Themen Diversität und Inklusion sind darum bei vielen Pharmaunternehmen Teil der Strategie.
Unternehmen, in denen Frauen in der Chefetage vertreten sind, sind für andere Frauen attraktiver. Und umgekehrt. Es spielt ein psychologischer Effekt: Menschen tendieren dazu, ähnliche Menschen zu bevorzugen.
Klare Kriterien und Förderung
Aus Sicht von Nicole Niedermann gibt es aber nicht die eine richtige Massnahme, um Frauen zu fördern. Vielmehr sei es ein Zusammenspiel der strategischer Verankerung des Themas und der entsprechenden Prozesse und Strukturen. So sollten zum Beispiel die Auswahlkriterien für Beförderungen klar sein. Zudem sollten Unternehmen sicherstellen, dass jüngere Frauen auch entsprechend gefördert werden.
Hinzu kommen Rahmenbedingungen wie flexible Arbeitszeitmodelle, Jobsharing, Teilzeit-Möglichkeiten sowie Vater- respektive Mutterschaftsurlaub. Expertinnen sprechen bewusst von Rahmenbedingungen, die allen zugutekommen sollten – nicht nur den Müttern und Frauen, sondern auch den Männern und Vätern. Denn: Teilzeit-Arbeit gilt als Karrierekiller. Nicole Niedermann findet darum, dass Unternehmen ihre Vollzeitkulturen überdenken sollen.
Um Chancengleichheit systematisch zu etablieren, sieht die Expertin der Universität St. Gallen Stellschrauben bei den Unternehmen, aber auch bei der Politik, die bei Elternzeit und der Kinderbetreuung Rahmenbedingungen setzen könnte.
So wird man Chefin – die Tipps der Profis
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Silvia Schweickart, Chefin von Novartis Pharma Schweiz, spricht von «drei-Mal-zwei-Tipps». Das heisst: Im Verlauf der beruflichen Laufbahn in zwei unterschiedlichen Ländern arbeiten und unterschiedliche Kulturen kennenlernen, im Verlauf der Karriere in unterschiedlichen Unternehmen arbeiten – zum Beispiel in einem Start-up und einem Grosskonzern.
Und letztlich innerhalb eines Unternehmens auch unterschiedliche Funktionen einnehmen, zum Beispiel in der Personalabteilung arbeiten und später im Marketing. «Diese Breite an Erfahrungen gibt eine gewisse Reife, sich auf eine Führungsposition vorzubereiten», sagt Silvia Schweickart.
Bei der Frage, ob sich junge, ambitionierte Frauen bewusst die Pharmabranche aussuchen sollen, weil hier der Frauenanteil höher liegt, scheinen sich die Personalexperten einig.
Anfragen bei entsprechenden Career Services von Hochschulen zeigen: Die Expertinnen raten den jungen Frauen, von ihren eigenen Werten und Normvorstellungen auszugehen und sich dann ein Unternehmen zu suchen, das zu ihnen passt.
Leistungsbereitschaft und regelmässige Weiterbildungen
Auch Guido Schilling, der Spitzenpositionen und Verwaltungsräte vermittelt, rät vom Blick auf die Branche ab. «Das einzelne Unternehmen muss einem entsprechen», sagt er. Zentral für den Aufstieg seien Auslanderfahrung und regelmässige Weiterbildungen. «Alle zehn Jahre», sagt er. Von zu vielen Wechseln der Arbeitgeber rät er ab.
Frauen und Männer, die auf den Chefsessel wollen, müssen sich ambitioniert und leistungsbereit zeigen. «Unter einem 70-Prozent-Pensum sehe ich kaum Möglichkeiten», sagt Guido Schilling.
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