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Geothermie-Kongress in Zürich Darum hat es die Geothermie so schwer in der Schweiz

Noch immer wird hierzulande mit dieser unerschöpflichen Energiequelle kein Strom erzeugt – in den Nachbarländern schon.

In Schweizer Gärten gibt es viele Erdsonden und Wärmepumpen – die Schweiz ist europaweit führend in diesem Bereich. Für eine Erdsonde nutzt man die Erdwärme an der Oberfläche und bohrt dafür maximal 500 Meter tief.

Um mittels Geothermie aber Strom zu produzieren, müsste man viel tiefer bohren. Erst in drei bis fünf Kilometer unter dem Boden ist die Erde heiss genug, um mit Hilfe eines Kraftwerks die Hitze in Strom umzuwandeln.

Angewiesen auf Fachleute aus dem Ausland

Bei dieser sogenannten Tiefen-Geothermie ist die Schweiz angewiesen auf Hilfe aus dem Ausland. «Wir haben es bislang nicht geschafft, ein Projekt zum Erfolg zu bringen», sagt Vincent Badoux, Co-Präsident des Schweizer Dachverbands für Geothermie. Derweil werde in Deutschland oder Frankreich bereits Strom mittels Geothermie erzeugt.

Haute-Sorne: Vielversprechendes Projekt im Jura

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Bohrturm und Umland.
Legende: Keystone/Peter Klaunzer

Das Tiefen-Geothermie-Projekt Haute-Sorne im Kanton Jura gilt als Vorzeigeprojekt in der Schweiz. Die Verantwortlichen hoffen, dass man dort dereinst für rund 6000 Haushalte Strom erzeugen kann. Doch es gibt Widerstand aus der Bevölkerung. So wurde vor einem Jahr ein Anschlag mit Gülle auf die Anlage verübt, denn ein Teil der Bevölkerung möchte keine Geothermie-Bohrungen in ihrem Kanton. Daran dürften auch die ersten Testresultate nichts ändern, die letzte Woche veröffentlicht wurden. Zwar hat das Vorzeigeprojekt im Jura gerade einmal die Explorationsphase hinter sich, doch aus geologischer Sicht sehen die Resultate vielversprechend aus.

In der Schweiz gibt es bloss einzelne Projekte, die die Wärme tief aus dem Untergrund nutzen – so etwa in den Kantonen Genf, Waadt und Basel. Die Schweiz versucht deshalb von den Nachbarländern zu lernen – etwa am Geothermie-Kongress diese Woche in Zürich.

Nur rund jede zehnte Bohrung in der Schweiz ist erfolgreich.
Autor: Vincent Badoux Co-Präsident des Schweizer Dachverbands für Geothermie

Schweizer Geothermie-Projekte sind auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen, denn in der Schweiz ist der Boden in der fraglichen Tiefe von bis zu fünf Kilometern praktisch unerforscht. In Frankreich und Deutschland sei man da viel weiter, betont Badoux. Der Grund: Dort hat man früher nach Öl oder Gas gebohrt, entsprechend ist der Untergrund gut untersucht.

Grosses wirtschaftliches Risiko

In der Schweiz steht man dagegen noch ganz am Anfang. Entsprechend gross ist hierzulande das wirtschaftliche Risiko der Tiefen-Geothermie: Testbohrungen sind teuer, man muss in Vorkasse gehen und der Erfolg ist ungewiss. «Nur rund jede zehnte Bohrung ist erfolgreich», so Badoux.

Wir haben in den letzten zwanzig Jahren sehr viel gelernt.
Autor: Vincent Badoux Co-Präsident des Schweizer Dachverbands für Geothermie

Immerhin: Der Bund unterstützt die Tiefen-Geothermie mit insgesamt 80 Millionen Franken pro Jahr. Diese Subventionen funktionieren wie eine Art Versicherung. Wenn eine Bohrung nicht erfolgreich war, dann übernimmt der Bund in der Regel 60 Prozent der Investitionskosten.

Doch das Programm steht unter Druck: Mit dem neuesten Sparpaket, das gerade in der parlamentarischen Beratung ist, könnten die Geothermie-Subventionen gekürzt werden.

Alternative zu Windrädern und alpinen Solaranlagen

Zudem stellt sich die Frage, ob das Geld nicht besser in andere erneuerbare Energien gesteckt würde. Denn auch bei der Wind- oder Solarenergie hat die Schweiz im europäischen Vergleich noch viel Luft nach oben.

Doch Badoux von Geothermie Schweiz wehrt sich: «Die Leute wollen keine Windräder, auch Solarkraftwerke in den Bergen wollen sie nicht.» Deshalb brauche es Ersatzlösungen für die Energiewende – wie eben Geothermie.

Die Bohrungen in der Tiefe bergen aber eigene Risiken. In der Schweiz gab es darum bereits zwei Erdbeben – in Basel und St. Gallen. Die sind zwar 12 und 20 Jahre her, lösen aber noch heute Unbehagen aus. Zudem herrscht Uneinigkeit darüber, ob und wie stark das Grundwasser belastet wird.

Badoux versichert, dass die Technologie unterdessen sicherer geworden sei. «Wir haben in den letzten zwanzig Jahren sehr viel gelernt», betont er. Trotzdem bleibt offen, ob in der Schweiz dereinst ein Geothermie-Stromkraftwerk in Betrieb gehen wird.

Sicher ist: Auch wenn es so weit kommt, wird es sicher noch eine Weile dauern.

Echo der Zeit, 10.10.2025, 18 Uhr;liea

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