Zum Inhalt springen

Globale Rohstoffdrehscheibe Die Schweiz als Schwachstelle im Sanktionsregime gegen Russland?

Die USA pochen auf mehr Transparenz im Schweizer Rohstoffhandel. An einem Treffen in Genf kam das Thema zur Sprache.

Die Schweiz ist eine der wichtigsten Rohstoffdrehscheiben der Welt. Aktuell ist sie im Fokus der USA. Der Vorwurf: Der Schweizer Handelsplatz soll nicht genug unternehmen, damit die Sanktionen gegen Russland auch tatsächlich durchgesetzt werden.

Seit letzter Woche ist bekannt, dass sich das Finanzministerium der USA mit der Schweizer Rohstoffbranche austauschen will. Dieses Treffen hat nun in Genf stattgefunden. Hauptthema sei die sichere Energieversorgung in Europa gewesen, schreibt der Branchenverband Suissnégoce in einer Mitteilung.

Thema Sanktionen «am Rande» diskutiert

Ähnlich tönt es beim Staatssekretariat für Wirtschaft. Das Seco betont, dass es sich um Gespräche auf technischer Ebene gehandelt habe, die das US-Finanzministerium auch mit mehreren anderen europäischen Staaten führe.

Am Rande sei es allerdings auch um die Bedeutung der Sanktionen im Bereich Rohstoffhandel gegangen. Eben darum sei das Seco auch dabei gewesen. Denn das Seco ist zuständig für die Umsetzung der Sanktionen.

Der Ansatz der Schweiz ist Selbstregulierung: Sie überlässt es den Unternehmen, sich an die Sanktionen zu halten.
Autor: Robert Bachmann Nichtregierungsorganisation Public Eye

Das Seco sei aber auch für die Durchsetzung der Sanktionen gegen Russland verantwortlich, kritisiert die Nichtregierungsorganisation Public Eye. «Der Ansatz der Schweiz ist Selbstregulierung: Sie überlässt es den Unternehmen, sich an die Sanktionen zu halten», sagt Robert Bachmann von Public Eye. «Angesichts der Erfahrungen, die wir in den letzten Jahrzehnten mit den Rohstoffhändlern gemacht haben, ist das schlicht und einfach nicht genug.»

Russland füllt seine Kriegskasse weiter

Das Seco erwidert, dass es konsequent die Instrumente des Embargogesetzes nutze, dass es also zum Beispiel auf die Auskunftspflicht der Unternehmen im Ölhandel poche. Fakt ist: Die Schweiz hat die Sanktionen der Europäischen Union und der USA gegen russisches Erdöl übernommen.

Für Russland ist das schwarze Gold von enormer Bedeutung, vor dem Einmarsch der Russen in die Ukraine machte der Ölverkauf rund einen Drittel des russischen Staatshaushalts aus.

Europa war damals der grösste Abnehmer russischen Öls. Seit den Sanktionen exportiert Russland das Öl hauptsächlich nach Asien. Denn in Europa und in den USA darf russisches Öl nicht mehr importiert werden. Der Handel mit russischem Öl ist zwar nicht verboten, aber wenn es gehandelt wird, dann darf ein Fass russisches Öl maximal 60 Dollar kosten. Das ist rund 20 Dollar weniger als der aktuelle Preis für ein Fass Rohöl in Europa.

US-Behörden pochen auf mehr Transparenz

Laut Public Eye ist der Handel seither noch weniger transparent geworden. Denn der Handel habe sich von grossen Konzernen zu neuen unbekannten Firmen verschoben, über diese ist noch weniger bekannt als über die grossen Schweizer Rohstoffhandelskonzerne. Darum müsse das Seco jetzt noch genauer hinschauen, was auf dem Rohstoffhandelsplatz Schweiz passiere.

Gemäss Seco ist es beim Treffen mit den US-Vertretern nicht primär um die Sanktionen gegangen. Gleichzeitig ist es aber ein offenes Geheimnis, dass die US-Behörden schon seit längerem auf mehr Transparenz im Schweizer Rohstoffhandel pochen.

Echo der Zeit, 24.07.2023, 18 Uhr

Meistgelesene Artikel