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Interoperabilität Eine Messenger-App, die alle anderen überflüssig macht

Nachrichten an Freunde und Familie sind heute auf viele verschiedene Messenger-Apps verteilt. Beeper will das ändern.

Nachrichten-Apps machen uns das Leben leicht. Und Nachrichten-Apps machen uns das Leben schwer: Wer den Überblick behalten will, welche Bekannte welche App benutzt, sehnt sich nach einer stets griffbereiten Excel-Tabelle, die alle Kontakte nach App sortiert.

WhatsApp, iMessage, Facebook Messenger, Telegram, Skype oder Slack: Die Auswahl ist gross. Und seit WhatsApp seine Kunden mit der Ankündigung neuer Datenschutzregeln verärgert hat, verteilen sich die Kontakte auf noch mehr Apps.

Eine App, die 15 andere überflüssig macht

Doch es gibt Pläne, das zu ändern. Ein Mittel dazu heisst Matrix – ein Kommunikationsprotokoll, das Brücken zwischen verschiedenen Messenger-Diensten bauen kann. So wandern Daten – also Textnachrichten – von einem Dienst zum anderen, ohne im Silo des jeweiligen Anbieters gefangen zu sein. Interoperabilität heisst dieses Zusammenspiel verschiedener Systeme in der Fachsprache.

Politischer Druck in den USA und der EU

Box aufklappen Box zuklappen

Sowohl in den USA wie in der EU gibt es die Absicht, grosse Technologie-Unternehmen stärker zu reglementieren. Dazu gehört auch die Forderung nach mehr Interoperabilität unter den verschiedenen Diensten. In den USA will das der Augmenting Compatibility and Competition by Enabling Service Switching ( ACCESS ) Act. In der EU ist die Forderung Teil des Gesetzes über digitale Märkte , das die EU Kommission im letzten Dezember vorgeschlagen hat.

Die App Beeper schafft es dank Matrix, Brücken zu 15 verschiedenen Diensten zu schlagen: Von WhatsApp über Facebook Messenger und iMessage über Telegram und Signal bis zu Twitter und Instagram. Die Nachrichten bleiben dabei von Ende zu Ende verschlüsselt, nur der Sender und die Empfängerin können sie lesen.

Zu Beepers Entwicklern gehört Eric Migicovsky – kein Unbekannter in der Tech-Szene: Mit Pebble hat er die erste kommerziell erfolgreiche Smartwatch entwickelt. Auch Beeper könnte ein Erfolg werden. Obschon die App erst auf Einladung zu haben ist und im Monat zehn Dollar kostet, sei die Nachfrage fast unendlich, meint Migicovsky zu SRF Digital. Er selbst teste die App seit zwei Jahren – ohne Probleme, wie er sagt.

Eric Migicovsky hält eine Pebble-Smartwatch in die Kamera
Legende: Hinter Beeper steht Eric Migicovsky, der zuvor schon mit Pebble die erste erfolgreiche Smartwatch auf den Markt gebracht hat. Keystone

Apple macht Interoperabilität das Leben schwer

Fragt sich, ob das so bleibt, sollte Beeper tatsächlich einmal eine grosse Nutzerbasis haben. Denn frühere Versuche, Interoperabilität bei den Nachrichtendiensten herzustellen, sind gescheitert. Unternehmen wie Facebook schlossen damals einfach ihre Schnittstellen nach aussen – so wie sie auch jetzt wieder versuchen könnten, die Brücken einzureissen, die Beeper dank Matrix zu ihnen bauen konnte.

Einige Dienste machen Interoperabilität schon heute fast unmöglich. Die Nachrichten bei Apples iMessage etwa sind – auch aus Gründen des Datenschutzes – so gut gegen den Zugriff von aussen geschützt, dass Beeper nur mit einem Trick darauf zugreifen kann: Beeper-Nutzerinnen brauchen dazu entweder ein iPhone mit Jailbreak (also mit einem Betriebssystem, das entgegen Apples Willen verändert wurde) oder einen Mac-PC, der ständig ans Internet angeschlossen ist.

Wankt die Monopolstellung der Grossen?

Der Wirtschaftsprofessor Hans Gersbach befasst sich an der ETH Zürich unter anderem mit Fragen der Interoperabilität und der Monopolstellung grosser Technologie-Unternehmen. Für ihn ist eine App wie Beeper ein Schritt in die richtige Richtung. «Wenn gute Angebote von privater Seite kommen, wird dies den Wettbewerbsdruck vergrössern und grosse Tech-Firmen mit der Zeit vielleicht zur Öffnung ihrer Messenger Dienste bewegen.»

Interoperabilität kann den Wettbewerbsdruck vergrössern.
Autor: Hans Gersbach Wirtschaftsprofessor, ETH Zürich

Interoperabilität allein würde die Grundprobleme mit den Tech-Giganten aber nicht lösen, glaubt Gersbach. Dazu wäre auch mehr demokratische Mitbestimmung der Nutzerinnen und Nutzer nötig, zum Beispiel darüber, was mit ihren Daten passiert.

SRF 4 News, 25. März 2021, 06:20 Uhr

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