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Klagen gegen UBS-Übernahme «Die Erfolgschancen der Klage liegen deutlich unter 50 Prozent»

Hunderte CS-Kleinaktionäre reichen heute Klage gegen die Übernahme durch die UBS ein. Professor für Wirtschaftsrecht, Peter V. Kunz, ordnet ein, was die aktuelle Klage für die UBS bedeutet – und welche am erfolgversprechendsten ist.

Peter V. Kunz

Wirtschaftsrechtler

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Peter V. Kunz ist Professor für Wirtschaftsrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern und war deren Dekan bis 2020.

SRF: Worum geht es bei der heute eingereichten Klage von CS-Aktionären?

Peter V. Kunz: Es geht in erster Linie darum, dass die CS-Aktionärinnen und -Aktionäre eine Entschädigung dafür wollen, dass ihre Aktie für einen geringeren Wert an die UBS übertragen worden ist. Sie haben einen finanziellen Verlust in der Höhe von etwa 70 Prozent durch die Intervention des Bundesrats erhalten. Hierfür wollen sie nun eine Entschädigung.

Ich möchte mal sagen, die Erfolgschancen liegen deutlich unter 50 Prozent.

Welche Bedeutung hat diese Klage für die Übernahme der CS durch die UBS?

Diese Klage wird die Fusion als solche nicht infrage stellen. Das ist bereits alles erledigt. Aber es könnte für die UBS teurer werden. Denn schlussendlich wird die UBS angeklagt. Sollte die UBS verlieren, dann müsste sie einen Wertersatz an die CS-Aktionäre bezahlen, den der Bundesrat tiefer angesetzt hat. Für die UBS geht es also ungefähr um vier Milliarden Franken.

Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen dieser Klage?

Ich bin sehr skeptisch. Ich möchte mal sagen, die Erfolgschancen liegen deutlich unter 50 Prozent.

Weshalb?

Auf der einen Seite geht es um komplizierte juristische Fragen, die von einem Gericht in der Schweiz noch nie entschieden worden sind. Insbesondere müsste sozusagen das Notrecht des Bundesrats aufgehoben werden. Auf der anderen Seite bräuchte es dafür tatsächlich mutige, kreative und auch abenteuerlustige Richter, die ein solches Urteil fällen möchten. Da vermute ich mal, dass wir das eher nicht haben.

Es gibt noch ganz anders gelagerte Klagen. Welche erachten Sie als erfolgversprechend?

Im konkreten Fall ist es natürlich so, dass vor allem die Aktionäre der CS auch gegen den Bundesrat vorgehen könnten. Die UBS übernimmt die CS nicht einfach billig, weil sie dazu genötigt wurde, sondern der Bundesrat hat das eigentlich verursacht.

Besonders die sogenannte AT1-Klage, die zurzeit hängig ist beim Bundesverwaltungsgericht, könnte für die UBS noch wesentlich teurer werden.

Vor diesem Hintergrund sind Staatshaftungsklagen gegen den Bundesrat sicherlich durchaus ein interessantes Thema.

Gibt es noch weitere Klagen?

Besonders die sogenannte AT1-Klage, die zurzeit hängig ist beim Bundesverwaltungsgericht, könnte für die UBS noch wesentlich teurer werden. Da geht es um 16 Milliarden Franken. Diese erachte ich auch als erfolgversprechender, weil dort nach meiner Einschätzung die Voraussetzungen, dass die Finma eine Abschreibung auf null vornehmen konnte, zumindest nicht offensichtlich erfüllt sind.

Wie lange wird es dauern, bis letztgültige Rechtssicherheit bei der Übernahme hergestellt ist?

Ich vermute, schlussendlich wird alles in allem drei bis vier Jahre in Anspruch nehmen. Auf der einen Seite geht es um die allfällige Entschädigung für CS-Aktionäre, aber auch um die Prozesse, die anhängig gemacht worden sind von gewissen Gläubigern, den AT1-Holdern. Das wird sich einige Jahre hinziehen.

Das Gespräch führte Celina Schnyder.

SRF 4 News, 13.08.2023, 21:00 Uhr ; 

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