Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Klimaklage gegen Zementriesen Wer trägt die Verantwortung für das Sinken von Pari? Holcim?

Bewohner der Insel Pari klagen – unterstützt von internationalen NGOs und dem Schweizer Hilfswerk Heks – gegen den Milliardenkonzern in Zug. Bald beginnt der Prozess.

 «Ich habe meine Familie, meine drei Kinder alleine gelassen, um hier in der Schweiz Gerechtigkeit zu finden», sagt die Fischerin Ibu Asmania. Und Arif Pujianto, ein Mechaniker, ergänzt: «Unsere Insel versinkt im Meer. Wir verlieren unsere Heimat. Salzwasser dringt in mein Haus, in meinen Brunnen. Ich kann das Wasser nicht mehr trinken. Ich muss es kaufen. Doch das Geld dafür haben wir nicht.»

Mann und Frau mit Kopftuch.
Legende: Ibu Asmania und Arif Pujianto haben einen langen Weg bis nach Zug gemacht, um dort vor dem Gericht gegen Holcim auszusagen. SRF

Es ist ein weiter Weg für Asmania und Pujianto, von ihrer Heimat, der indonesischen Insel Pari nach Zug. Der Gang in die Zentralschweiz sei für sie eine Frage des Überlebens, sagen sie. 

«Das Wasser kommt, wann es will»

Pari ist eine kleine Insel – rund 500 Meter breit, einen Kilometer lang – sie liegt vor der indonesischen Hauptstadt Jakarta: Der höchste Punkt liegt gerade mal 1.5 Meter über dem Meeresspiegel.

Als ein SRF-Reporter vor drei Jahren die Insel besuchte, traf er auf Mustagfirin, einen Fischer, dessen Familie seit Generationen auf dem paradiesisch anmutenden Eiland lebt. Die Veränderungen kämen schleichend, erzählte er damals – fast unmerklich. Das Wasser komme, wann es wolle. Plötzlich fehlten 40 Meter Strand, Häuser, Bäume – alles im Wasser.

Mann mit Bart und langen Haaren.
Legende: Mustagfirin ist wütend auf die Verursacher des Klimawandels. SRF

«Ich bin wütend. Die Verursacher des Klimawandels machen hohe Gewinne und kümmern sich nicht um die Folgen. Wir aber müssen wegen des Hochwassers die Fundamente der Häuser höher legen, Schutzmauern alle paar Jahre erneuern. Das bezahlt uns niemand.»

Grosses Medieninteresse

In der Kritik der Inselbewohner steht die globale Zementherstellung. Der Zuger Baustoffkonzern Holcim im Besonderen – seit Jahrzehnten weltweit eines der grössten Unternehmen der Branche. Vier Bewohner Paris haben vor dem Zuger Gericht eine Zivilklage gegen den Milliardenkonzern eingereicht. Sie werden von internationalen Hilfswerken und dem Schweizer Heks unterstützt.

Nächsten Mittwoch geht es zunächst darum, ob das Gericht auf die schwierige Klage mit internationaler Tragweite eintritt. Eine schwierige Ausgangslage für die Zuger Richter.

Das schreibt Holcim

Box aufklappen Box zuklappen

«Wer wie viel CO₂ ausstossen darf, ist unseres Erachtens eine Kompetenz des Gesetzgebers und keine Frage für ein Zivilgericht – unabhängig davon engagiert sich Holcim stark für den Klimaschutz».

Das internationale Medieninteresse ist gross. Diese Zuger Klimaklage sei tatsächlich von grosser internationaler Bedeutung, hält Evelyne Schmid, Professorin für Völkerrecht an der Universität Lausanne fest. Hoch komplex und schwierig zu beurteilen: «Holcim ist ganz sicher nicht der einzige Akteur, der Schaden verursacht hat, sondern ganz viele andere Akteure haben auch zu den Emissionen beigetragen.»

Die spannende Frage oder speziell an diesem Fall sei die Überlegung: Kann man Holcim verantwortlich machen für genau den Anteil von diesen Emissionen, die man Holcim zurechnen muss. Das sei noch nie von einem Schweizer Zivilgericht beurteilt worden. «Das ist ein Novum. Das heisst aber nicht, dass der Fall notwendigerweise erfolglos ist.» Andere Gerichte in anderen Ländern hätten ähnliche Konstellationen beurteilt und die Erfolgsmöglichkeit im Grundsatz bejaht.

Ich werde vor Gericht aufstehen, den Opfern eine Stimme geben. Es geht um unsere Familien, unser Leben auf Pari.
Autor: Ibu Asmania

Für Ibu Asmania und Arif Pujianto geht es um ein paar tausend Franken für Gebäudeschäden. Sie fordern zudem, dass Holcim massiv und sofort seinen CO₂-Ausstoss reduziere. Sie sind überzeugt, dass sie Recht erhalten. «Ich bin sehr stolz auf das, was passiert. Ich werde vor Gericht aufstehen, den Opfern eine Stimme geben. Es geht um unsere Familien, unser Leben auf Pari», sagt Asmania. Und Pujianto ergänzt: «Dann haben wir eine echte Chance, dass alles gut wird. Wenn nicht, müssten wir weiter auf Gerechtigkeit warten.»

10 vor 10, 29.08.2025, 21:50 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel