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Kritik an Konzern und Behörden «Die Vorwürfe gegen Boeing sind glaubwürdig»

Hat Boeing bei der Zulassung der 737 Max getrickst? Die Vorwürfe seien glaubwürdig, sagt Luftfahrtexperte Jens Flottau.

Zwei Flugzeugabstürze mit einer brandneuen Boeing 737 Max in nur fünf Monaten und fast 350 Tote. Bei beiden Unglücken könnte ein defektes Flugkontrollsystem eine zentrale Rolle gespielt haben.

Dieses System sei möglicherweise allzu schnell und ohne die nötige Sorgfalt zugelassen worden, berichten ehemalige Ingenieure von Boeing und der US-Flugaufsichtsbehörde FAA. Demnach soll der US-Flugzeugkonzern der Aufsichtsbehörde wichtige Informationen bei der Zulassung des Flugkontrollsystems vorenthalten haben. Zudem habe die Aufsichtsbehörde die Unterlagen überhastet und nicht genau genug studiert.

Hat Boeing die Behörden unter Druck gesetzt?

Möglicherweise habe das Boeing-Management entsprechenden Druck auf die Behörde ausgeübt, schreibt die «Seattle-Times» unter Berufung auf die Insider: Der Flugzeugbauer habe darauf gedrängt, immer mehr Teile der Prüfung dem Konzern selbst zu überlassen. Dies, um bei der Entwicklung und Zulassung des Flugzeugs Zeit und damit viel Geld zu sparen.

Luftfahrt-Experte Jens Flottau, der die Branche seit Jahren beobachtet, hält die Vorwürfe für realistisch: «Ich halte sie im Grundsatz für glaubwürdig. Ich kenne auch den Autor des Artikels sehr gut und halte auch diesen für sehr glaubwürdig.»

Jens Flottau.
Legende: Luftfahrtexperte Jens Flottau: Wenn die Vorwürfe stimmen, hat Boeing ein riesengrosses Problem.» srf/Archiv

Milliardendebakel nicht auszuschliessen

Sollten die Vorwürfe zutreffen, hätte Boeing nicht nur ein riesiges Reputationsproblem. Er müsste sich auch auch auf hohe Schadenersatzforderungen der Hinterbliebenen der Flugzeugabstürze in Äthiopien und Indonesien einstellen.

Ausserdem könnten Fluggesellschaften weltweit das Vertrauen in die Boeing 737 Max verlieren und ihre Bestellungen stornieren. Das Flugzeug ist bereits 380 Mal ausgeliefert worden. 5000 Bestellungen sind noch offen.

Wachsende Kritik am Flugkontrollsystem

Das Flugkontrollsystem der Unglücks-Boeing war offenbar sehr störungsanfällig, wie erste Untersuchungen ergaben. Es erhielt seine Informationen nur von einem einzigen Sensor. Laut Flottau ist das bei einem für die Flugsicherheit so kritischen System «nicht nur unüblich, sondern auch verboten».

Nur ein Sensor bei einem so flugkritischen System – das ist nicht nur unüblich, sondern verboten.
Autor: Jens Flottau Luftfahrtexperte

Denn sendet dieser Sensor falsche Werte, beginnen die Flugcomputer automatisch, das Flugzeug Richtung Boden zu steuern. Die Ermittler vermuten, dass die Piloten in den Unglücksmaschinen möglicherweise nicht schnell genug gegengesteuert haben. Vielleicht auch deshalb nicht, weil Boeing es nicht für nötig hielt, sie für das neue Flugkontrollsystem zu schulen.

Boeing verweist an die FAA

Boeing schiebt die Verantwortung der Aufsichtsbehörde zu: Schliesslich sei die FAA dem Schluss gekommen, dass das umstrittene Flugkontrollsystem alle Zulassungsvoraussetzungen erfülle, schreibt der Konzern in einer Stellungnahme für die «Seattle Times».

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