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Lehren aus der Coronakrise Rollende Zulassung weiter vor allem für Covid-Medikamente geplant

Swissmedic hat aus dem superschnellen Verfahren mit Covid gelernt. Für viele Zulassungen wäre es aber zu aufwändig.

Bevor ein Medikament bei der Patientin ankommt, hat es einen langen Weg hinter sich: Es wird zuerst an wenigen Personen getestet, dann an grösseren Gruppen. Erst wenn dieser Hürdenlauf durch ist, klopft die Pharmafirma bei der Zulassungsbehörde an die Tür, mit dem ganzen Berg von Daten und Unterlagen.

Beim sogenannt rollenden Zulassungsverfahren warten die Behörden nicht auf den grossen Berg am Schluss, sondern prüfen Daten fortlaufend. Claus Bolte, Leiter Zulassungen bei Swissmedic erklärt: «Wir prüfen bereits parallel zur Entwicklung die Daten fortlaufend und sind damit fast simultan mit dem Abschluss der Entwicklung auch mit dem Prüfprozess fertig. Das hat die enorme Zeitersparnis gebracht.»

Wir prüfen parallel zur Entwicklung die Daten fortlaufend und sind damit fast simultan mit dem Abschluss der Entwicklung auch mit dem Prüfprozess fertig.
Autor: Claus Bolte Swissmedic, Leiter Zulassungen

Das tönt einfach, ist aber insgesamt ein komplexes Unterfangen: Es geht laut Bolte von der Betriebsbewilligung zur Überprüfung bestimmter Einrichtungen für die Durchführung von Studien bis hin zu den Inspektionen der Herstellungsverfahren. Dazu kommt die Prüfung der fortlaufend eintreffenden Daten: «Dies alles läuft parallel ab, was früher strikt nacheinander bearbeitet wurde.»

Aufwendiges «Pingpong-Spiel»

Abstriche bei der Qualität, der Wirksamkeit und der Sicherheit habe es dadurch nicht gegeben, betont Bolte. Hingegen habe das hohe Tempo seinen Preis. Das Verfahren sei erheblich aufwendiger – und zwar nicht nur für Swissmedic und andere Arzneimittelbehörden, sondern auch für die Industrie. Das ständige Hin und Her wie bei einem Pingpong-Spiel absorbierte mehr Personal als üblich. Zudem sei der grosse Aufwand keine Garantie für eine Zulassung.

Beschleunigte Verfahren nur in dringenden Fällen

Darum setzt Swissmedic die höhere Gangart in Zukunft nur ein, wenn die Situation besonders dringend ist. Beispielsweise bei den Medikamenten gegen Covid. Bereits vor der Pandemie war ein höheres Tempo in besonderen Fällen möglich, vielfach bei neuen Krebsmedikamenten. Im Jargon spricht man von beschleunigten Verfahren, die bei vielversprechenden, neuen Therapien beantragt werden können, sofern es keine Alternativen gibt.

Es gibt gemeinsame Elemente, die man auch aus dem rollenden Verfahren noch kennengelernt und weiter ausgebaut hat.
Autor: Claus Bolte Swissmedic, Leiter Zulassungen

Zudem gibt es unabhängig von der Pandemie internationale Zusammenarbeitsprojekte, um den Zulassungsprozess für neuere Krebsmedikamente zu beschleunigen. Die Erfahrungen aus der Pandemie fliessen nun aber in diese Projekte und Prozesse ein: «Es gibt gemeinsame Elemente, die man auch aus dem rollenden Verfahren noch kennengelernt und weiter ausgebaut hat. »

SPO unterstützt Strategie

Die Schweizerische Patientenorganisation SPO vertraut der Behörde: Ein höheres Tempo sei angemessen in Ausnahmefällen. Auch aus Sicht der SPO gab es im Prozess während der Pandemie Verbesserungen: So hätten die Patienten Impf-Nebenwirkungen direkt den Behörden melden können. Die SPO stehe regelmässig mit Swissmedic in Kontakt und bringe ihre Anliegen ein.

Dass die Impfstoffe derart schnell entwickelt und verfügbar waren, hat indes nicht nur mit der Zulassung zu tun. Denn die Zulassung steht ganz am Schluss einer langen Kette von Entwicklungen, die zuvor in der Forschung gemacht wurden.

Rendez-vous, 07.03.2022, 12:30 Uhr

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