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Lehrermangel Lehrpersonen ohne Diplom: Wie viele stehen vor den Klassen?

Viele Gemeinden setzen auf Lehrpersonen ohne Ausbildung. Doch wie viele Quereinsteiger es sind, ist oft nicht bekannt.

Sie haben den Schulstart nach den Sommerferien vielerorts gerettet: Menschen ohne Lehrdiplom, die trotz fehlender Ausbildung eine Schulklasse unterrichten. Denn der Mangel an Lehrpersonen war dieses Jahr besonders akut. Laut dem Wirtschaftsdaten-Unternehmen x28 ist die Zahl der offenen Lehrerstellen in den letzten zweieinhalb Jahren in der Tendenz gestiegen, mit einem zwischenzeitlichen Höhepunkt von 1400 im letzten April.

Quereinsteigerinnen und -einsteiger sind also in die Bresche gesprungen. Doch wie viele von ihnen stehen jetzt schweizweit im Einsatz? Solche nationalen Zahlen sind Mangelware. SRF hat darum alle Deutschschweizer Kantone angeschrieben und konkret nachgefragt.

Kanton Zürich schwingt obenaus

Das Resultat: Im Kanton Zürich wurden diesen Sommer 188 Vollzeit-Stellen mit Personen ohne anerkanntes Diplom besetzt. Im Kanton Schaffhausen waren es 36, im Thurgau 15, in Freiburg 5, im Kanton Uri 2 und in Appenzell-Ausserrhoden weniger als eine Vollzeit-Stelle. In Appenzell-Innerrhoden, Obwalden, Graubünden sowie im Wallis sind es Null. Alle anderen Kantone konnten entweder keine konkreten Angaben liefern oder haben die Anfrage nicht beantwortet.

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Legende: Anzahl der Quereinsteiger in Vollzeitäquivalenten. SRF

Für uns wäre es wichtig, diese Zahlen zu kennen, damit wir wissen, wo wir anpacken und Veränderungen vornehmen müssen.
Autor: Dagmar Rösler Präsidentin Dachverband Lehrerinnen und Lehrer

Die fehlenden Zahlen seien ein Problem, sagt Dagmar Rösler, Präsidentin des schweizerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands. Um den Lehrermangel gezielt zu beheben, müsse bekannt sein, in welchen Kantonen die Situation besonders gravierend sei. «Für uns wäre es wichtig, diese Zahlen zu kennen, damit wir wissen, wo wir anpacken und Veränderungen vornehmen müssen.»

Rösler sieht nun die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) in der Pflicht. Diese ist verantwortlich für die nationale Koordination in der Bildungspolitik. «Die EDK hätte gute Möglichkeiten, die Datenerhebung zu machen», sagt Rösler.

Diese Daten müssen zur Verfügung gestellt werden.
Autor: Alfred Stricker Präsident EDK Ostschweiz

Alfred Stricker ist Bildungsdirektor des Kantons Appenzell-Ausserrhoden, Präsident der EDK Ostschweiz und im Vorstand der gesamtschweizerischen EDK. Er hat Verständnis für die Forderung der obersten Lehrerin. «Diese Daten müssen zur Verfügung gestellt werden.»

Die Problematik des Lehrermangels sei je nach Region unterschiedlich stark akzentuiert – so sei die Lage in der Ostschweiz beispielsweise weniger akut als in anderen Gebieten. Um solche Muster zu erkennen, sei es wichtig, dass die Daten zentral zusammengetragen würden. «Ich meine, die Eidgenössische Erziehungsdirektoren-Konferenz wäre geeignet dafür», so Stricker. Er könne in dieser Frage allerdings nicht abschliessend für die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Kantonen entscheiden. Denn bislang hat die EDK keinen politischen Auftrag im Zusammenhang mit dem Lehrermangel.

Eco Talk, 29.8.2022, 22.25 Uhr ; 

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