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Libor vor dem Aus Neuer Leitzins ändert nichts an SNB-Geldpolitik

  • Die Schweizerische Nationalbank (SNB) passt erstmals nach fast zwei Jahrzehnten ihr geldpolitisches Konzept an.
  • Das Zielband für den Dreimonats-Libor wird durch einen neu eingeführten SNB-Leitzins ersetzt.
  • Die SNB beläst die Zinsen auf Sichteinlagen bei -0,75 Prozent.

«An unserer Lagebeurteilung haben wir entschieden, unser geldpolitisches Konzept leicht anzupassen», sagte Präsident Thomas Jordan an einer Medienkonferenz zum geldpolitischen vierteljährlichen Update. Die bisherige Rolle des Zielbandes für den Dreimonats-Libor übernehme fortan der neu eingeführte SNB-Leitzins.

Die geldpolitischen Entscheide werden ab jetzt durch die Festlegung der Höhe des SNB-Leitzinses getroffen und kommuniziert. Aktuell beträgt der Leitzins -0,75 Prozent.

Libor auf Prüfstand

«Der Grund für die Einführung des SNB-Leitzinses ist, dass die Zukunft des Libors nicht gesichert ist», sagte Jordan weiter. Die britische Finanzmarktaufsicht hatte vor längerer Zeit angekündigt, den in London ermittelten Referenzzinssatzes nur bis Ende 2021 durchzusetzen. Das dem Libor zugrundeliegende Geldmarktgeschäft habe sich somit stark reduziert, was auch die Berechnungsgrundlage in Frage stelle.

Einschätzung von SRF-Wirtschaftsredaktor Jan Baumann

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Die Nationalbank wagt es abermals nicht, an der Zinsschraube zu drehen. Es bleibt also bis auf Weiteres bei den Negativzinsen von 0,75 Prozent. Und dies, obwohl die Negativzinsen die Sparer und die Pensionskassen belasten – denn je niedriger die Zinsen sind, desto weniger bekommen die Bankkunden für ihr Erspartes auf dem Konto.

Auch die Pensionskassen haben wegen der extrem niedrigen Marktzinsen grösste Mühe, genug Rendite zu erwirtschaften auf den Vorsorgemilliarden ihrer Versicherten.

Doch was würde passieren, wenn die Nationalbank mutiger wäre? Wenn Nationalbankchef Thomas Jordan sich bewegen würde bei den Leitzinsen, noch bevor etwa die Europäische Zentralbank endlich die Zinswende eingeläutet hat? Die kurze Antwort lautet: Nichts Gutes. Denn dann würde der Franken zum Euro zulegen, weil Finanzanlagen in Franken vergleichsweise attraktiver wären als heute.

Diese Frankenstärke würde der Exportindustrie das Geschäft vermiesen beim Verkauf ihrer Produkte im Ausland. Und die Konjunktur, die stark vom Erfolg der Exportindustrie abhängt, würde womöglich ins Trudeln geraten. Das Wachstum und die Beschäftigung gingen zurück.

So gesehen wählt die Nationalbank das kleinere Übel, wenn sie an ihrer bisherigen Politik festhält. Und bei den Zinsen bleibt alles, wie es ist.

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