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Lukrative Stromproduktion Der Stromkonzern Alpiq rentiert wie noch nie

Noch vor kurzem stand der zweitgrösste Energiekonzern der Schweiz vor dem Zusammenbruch. Jetzt weist er für 2023 einen Rekord-Reingewinn aus.

2022 stiegen mit dem russischen Grossangriff auf die Ukraine die Strompreise in ungekannte Höhen. Russisches Gas war nicht mehr erwünscht in Europa, und gleichzeitig fielen mehrere französische Kernkraftwerke aus. Doch im letzten Jahr hat sich die Situation wieder beruhigt, die Preise sanken deutlich.

Entsprechend schrumpfte der Umsatz des Energiekonzerns Alpiq im Vergleich zu 2022 um 40 Prozent auf noch knapp neun Milliarden Franken. Gleichzeitig steigerte Alpiq den Gewinn aber um mehr als das dreieinhalbfache auf 1.3 Milliarden Franken.

Alpiq hat selber keine Endkunden

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Antje Kanngiesser.
Legende: Alpiq-CEO Antje Kanngiesser. Alpiq

Während bei Alpiq die Gewinne sprudeln, leiden die Kundinnen und Kunden unter hohen Strompreisen. Dazu sagt Antje Kanngiesser, die Chefin von Alpiq: «Wir produzieren Strom – und haben keine Endkunden.» Der von Alpiq produzierte Strom wird also an lokale Energieversorger geliefert, die dann wiederum die Endkunden bedienen. Und: «Die Preise der Konsumenten werden von ihren Lieferanten gemacht – aufgrund deren Einkaufsstrategie», so Kanngiesser.

Noch vor wenigen Jahren zerbrach Alpiq fast unter einer hohen Schuldenlast. Rekordtiefe Preise auf dem Strommarkt hatten dem Unternehmen zugesetzt. Um sich zu retten, verkaufte der Alpiq den florierenden Bereich Gebäudetechnik.

Lukrative Speicherseen in den Alpen

Nun schreibt das Unternehmen erstmals wieder einen Milliardengewinn. Dies vor allem deshalb, weil es weniger abhängig ist von der sogenannten Grundlast, von langfristigen und permanenten Stromlieferungen.

Alpiq hat sehr grosse Ambitionen, wenn es um die Nachhaltigkeit geht.
Autor: Antje Kanngiesser Chefin des Stromkonzerns Alpiq

Mit flexiblen Kraftwerken wie dem Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance im Wallis kann Alpiq genau dann Strom produzieren, wenn er gebraucht wird: «Wir speisen Strom ein, wenn im Markt Energie fehlt», sagt Alpiq-Chefin Antje Kanngiesser.

«Und wir nehmen Strom aus dem Markt, wenn zu viel Energie da ist, indem Wasser in den Stausee hinaufgepumpt wird.» So werden hohe Preise für den produzierten Strom erzielt.

Riesige Investition in Nant de Drance

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Speicherseen und Staumauer des Werks Nant de Drance
Legende: Keystone/Jean-Christophe Bott

Allein das grosse Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance im Wallis hat mehr als zwei Milliarden Franken gekostet. Alpiq ist mit 39 Prozent an dem Werk beteiligt, weitere 36 Prozent gehören der SBB. Das Pumpspeicher-System hat eine installierte Leistung von 900 Megawatt – fast so viel, wie das neuste Atomkraftwerk der Schweiz in Gösgen. Diese Strommenge kann Nant de Drance theoretisch 20 Stunden lang produzieren, wenn der Stausee zuvor gefüllt war. Das Pumpspeicher-Kraftwerk produziert jedoch nicht im Dauerbetrieb Strom. Vielmehr produziert es nur dann, wenn im Netz Strom fehlt. Wenn dagegen zu viel Strom im Netz ist, wird Wasser hinaufgepumpt, das dann wiederum bei Bedarf für die Stromproduktion turbiniert wird. Übrigens: In weniger als zehn Minuten kann das Kraftwerk von Turbinen-Vollbetrieb auf Vollast-Pumpbetrieb umgeschaltet werden. Der Wirkungsgrad des Nant-de-Drance-Pumpspeicher-Kraftwerks wird mit 80 Prozent angegeben.

Kanngiesser ist überzeugt, dass dieses Geschäftsmodell – die Pumpspeicherkraftwerke übernehmen die Rolle von riesigen Batterien zum Zwischenspeichern von Strom – auch in Zukunft attraktiv bleibt. Denn die Schwankungen bei der Stromproduktion in Europa werden eher noch zunehmen.

Flexible und erneuerbare Energieproduktion

80 Prozent der Investitionen und Anlagen, die sich im Besitz oder Teilbesitz von Alpiq befinden, betreffen diesen flexiblen Bereich, wie Kanngiesser betont. Diesen werde man weiter ausbauen. Genauso werde Alpiq weiter in die erneuerbare Energieproduktion investieren.

Wem gehört Alpiq?

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Alpiq gehört neben der BKW und der Axpo zu den drei grössten, systemrelevanten Stromkonzernen der Schweiz. Alpiq ist zu zwei Dritteln im Besitz anderer, mehrheitlich staatlicher Schweizer Energieunternehmen wie EOS oder Primeo Energie. Das dritte Drittel des Konzerns gehört einem privaten Fonds, in dem Schweizer Pensionskassen ihr Kapital angelegt haben.

Nicht ganz ins Bild passt dabei, dass Alpiq nach wie vor fast ein Viertel seiner Energie in Gaskombikraftwerken in Europa produziert.

Darauf angesprochen meint die Alpiq-Chefin: «Das sind alles versorgungskritische Kraftwerke an Netz-Knotenpunkten, die betrieben werden müssen . Wenn Alpiq es nicht machen würde, würde jemand anderes es tun.» Deshalb werde man diese Gaskraftwerke nicht verkaufen.

Gaskraftwerke dereinst mit Batterien ersetzen?

Auch Gaskraftwerke sind eben deshalb finanziell interessant, weil sie viel schneller als beispielsweise Kernkraftwerke auf Überschuss und Mangel auf dem Strommarkt reagieren können.

Immerhin: «Wir hoffen, dass man an diesen Netz-Knotenpunkten dereinst andere, CO₂-neutrale Speicher errichten kann, etwa grosse Batterien», so Kanngiesser. Denn Alpiq habe «sehr grosse Ambitionen, wenn es um die Nachhaltigkeit geht».

Flexibel und hochrentabel zu bleiben und gleichzeitig klimafreundlicher zu werden, das wird die künftige Herausforderung von Alpiq sein.

Rendez-vous, 28.2.2024, 12:30 Uhr

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