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Merkel-Rede am WEF Für Zusammenarbeit, gegen Abschottung

Die deutsche Bundeskanzlerin stand am WEF für ein geeintes Europa ein. Einzelgänge seien nicht zielführend.

Durch die Abwesenheit von Donald Trump, Emmanuel Macron und Theresa May sind am WEF besonders viele Augen auf Angela Merkel gerichtet. In ihrer Rede vor dem Plenum betonte die deutsche Bundeskanzlerin die Wichtigkeit «multilateraler Systeme».

Viele der heutigen Institutionen stammten aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Das liege nun 74 Jahre zurück – «fast ein ganzes Menschenleben», rechnete die Kanzlerin. Sie sei von den damaligen Schlussfolgerungen aber noch immer überzeugt. «Wir müssen aufpassen, dass die Errungenschaften von damals heute nicht einfach weggewischt werden.»

Wir sollten nationale Interessen jeweils so verstehen, dass wir die Interessen der anderen mitdenken.
Autor: Angela Merkel Bundeskanzlerin Deutschland

Es gebe Stimmen, die meinten, wenn jeder auf sich schaue, gehe es allen gut. Diesen Schluss bezweifle sie. «Wir sollten nationale Interessen jeweils so verstehen, dass wir die Interessen der anderen mitdenken», sagte Merkel.

Handlungsbedarf sieht etwa im digitalen Bereich. Es gebe nach wie vor viele offene Fragen, etwa im Umgang mit Daten und dem Eigentum daran. Hier gelte es, einen Weg zwischen den beiden Polen USA und China zu finden, wo Unternehmen private Daten kaum herausrücken bzw. Datenschutz gar keinen Stellenwert habe.

Nach ihrer Rede vor dem Plenum tauscht sich Merkel mit Wirtschaftsvertretern zum Thema Künstliche Intelligenz aus. Am Abend steht zudem eine Veranstaltung zum Thema Europa auf ihrem Programm.

Merkel für weitere Freihandelsabkommen

Die Bühne des WEF gebe Merkel Gelegenheit, ihre Vorstellung eines geeinten Europas vor der Weltpresse zu betonen, sagte SRF-Deutschland-Korrespondentin Bettina Ramseier bereits vor Merkels Rede. Nach ihrer Rücktrittsankündigung könne die Kanzlerin kämpferisch auftreten – ohne Rücksicht auf eine anstehende Wiederwahl. Merkel stehe mehr denn je für Zusammenhalt statt Nationalismus und demokratische Grundwerte statt Populismus, sagt Ramseier.

Das machte die Kanzlerin auch in ihrer Rede klar. «Wir haben populistische Herausforderungen und nationalistische Kräfte. Dagegen müssen wir antreten.» Sie habe sich immer für Freihandel stark gemacht und setze sich für weitere Abkommen ein.

Afrika auf der Agenda

Auch am Donnerstag hat die deutsche Bundeskanzlerin in Davos mehrere Termine. So wird sie sich mit weiblichen Führungskräften internationaler Unternehmen austauschen und danach Gespräche mit hochrangigen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und internationalen Organisationen zum Thema Afrika führen.

Afrika hat die Kanzlerin auch in ihrer Rede vor dem Plenum angesprochen. Die Länder des grossen Kontinents arbeiteten gut zusammen, die Beziehungen würden laufend gestärkt.

Das Thema Afrika stehe im Zusammenhang mit Merkels Europapolitik, sagt Korrespondentin Ramseier. «Die Flüchtlingsfrage ist nicht ohne Afrika zu klären. Und ebendiese Frage ist es, die Europa am meisten spaltet.». Merkel schlägt am WEF also den Bogen zwischen Digitalisierung, Migration und den daraus folgenden Konsequenzen für Europa. Den Bogen zwischen Ursache und Wirkung. «Ein Allheilmittel allerdings kann auch eine Angela Merkel nicht präsentieren», sagt die SRF-Korrespondentin.

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