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Minus 0.1 Prozent beim BIP Die deutsche Wirtschaft schrumpft

Erstmals seit zwölf Jahren nimmt das Bruttoinlandprodukt ab. Vor allem die Exportindustrie bekundete im zweiten Quartal Mühe.

Die Wirtschaftsleistung in Deutschland ist im zweiten Quartal 2019 gesunken. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verringerte sich im Vergleich zum Vorquartal um 0.1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten mitteilte. Im ersten Quartal 2019 war die deutsche Wirtschaft noch um 0.4 Prozent gewachsen.

Exportindustrie hat Probleme

Gebremst wurde die Entwicklung vom Aussenhandel. Die Exporte von Waren und Dienstleistungen sanken im Vergleich zum Vorquartal stärker als die Importe.

Die Weltwirtschaft kühlt sich ab, das spürt auch die deutsche Exportindustrie. Gründe dafür sind der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie die Unwägbarkeiten des Brexits. Als Schwierigkeit hinzu kommt für die deutsche Industrie der Strukturwandel in der Automobilbranche durch die Elektromobilität.

Konsumenten stützen Konjunktur

Die privaten Konsumausgaben dagegen stiegen, die Unternehmen investierten mehr. Die Bauinvestitionen allerdings waren nach einem kräftigen Anstieg zu Jahresbeginn wegen des vergleichsweise milden Winters rückläufig.

Die Kauffreude der Konsumenten gründet in einer tiefen Arbeitslosigkeit, ausserdem wirft wegen der anhaltenden Zinsflaute das Sparen kaum etwas ab. Allerdings wurden die Konsumenten gegen Ende des zweiten Quartals vorsichtiger beim Geldausgeben. Offenbar hatten Meldungen über Personalabbau und die Einführung von Kurzarbeit in einzelnen Betrieben ihre Wirkung.

Zyklische Abschwungphase

«Nach zehn Jahren Boom befinden wir uns in einer zyklischen Abschwungphase», sagt SRF-Wirtschaftsredaktorin Charlotte Jacquemart. Eine solche sei gemäss der gängigen ökonomischen Theorie durchaus normal – nach einer Phase starken Wachstums, wie das die letzten Jahre der Fall war.

Trotz der negativen Anzeichen plant die deutsche Regierung kein staatliches Konjunkturprogramm. Sie will allerdings mit Bürokratieabbau und anderen Entlastungen sowie Investitionen den Binnenkonsum ankurbeln. Das sei sicher nicht falsch, sagt Jacquemart. Doch: «Helfen würde vor allem ein Anheben der Löhne in Deutschland.»

Denn, und darin sind sich der IWF und zahlreiche Ökonomen einig: Das Lohnniveau in Deutschland ist trotz der vergangenen guten Jahre vergleichsweise tief. Durch höhere Löhne würde automatisch der Binnenkonsum angekurbelt.

Schweizer Industrie spürt Auswirkungen

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Für die Schweizer Exportindustrie bedeutet der Abschwung in Deutschland nichts Gutes. Rund 80 Prozent der Exporte gehen in die EU, grösster Abnehmer ist hier unser nördlicher Nachbar. Die kürzlich veröffentlichten Halbjahreszahlen der Schweizer Zulieferer der deutschen Autoindustrie zeigen denn auch, dass Schweizer Firmen bereits unter dem Einbruch in Deutschland leiden. (jacc)

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