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Musks Totalumbau von Twitter Musks Überstunden-Ultimatum vertreibt Twitter-Beschäftigte

  • Twitter verliert weiter Mitarbeitende, nachdem der neue Chef Elon Musk den Totalumbau des Unternehmens angekündigt hatte.
  • In einem Ultimatum hat er die Belegschaft vor die Wahl gestellt, sich für die Arbeit aufzuopfern oder zu kündigen.
  • Die BBC berichtet zudem, dass Twitter seine Büros bis am Montag schliesst.

In einer am Freitag veröffentlichten Umfrage der App Blind wollten 42 Prozent der 180 Teilnehmenden das Unternehmen verlassen. Ein weiteres Viertel bleibe nur widerwillig. Über Blind können sich Angestellte über ihre Firmen-E-Mail registrieren und anschliessend anonym untereinander austauschen.

Zuvor hatte Musk seinen Angestellten bis Donnerstagabend (Ortszeit) per E-Mail ein Ultimatum gestellt. Sie mussten entscheiden, ob sie «lange Arbeitszeiten mit hoher Intensität» akzeptierten oder eine Abfindung von drei Monatsgehältern nehmen wollten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat Twitter seine Mitarbeitenden zudem informiert, dass bis Montag die Büros geschlossen und Zugangskarten gesperrt sind. So blieben am Freitag die Tore von Twitter auch zu, die Zugangskarten wurden deaktiviert.

«Um in Zukunft ein bahnbrechendes Twitter 2.0 aufzubauen und in einer zunehmend wettbewerbsorientierten Welt erfolgreich zu sein, müssen wir extrem hart sein», hiess es in der Botschaft mit dem Ultimatum. Musk kündigte zudem an, dass Twitter unter seiner Führung «viel ingenieursorientierter» sein werde.

Wer «Teil des neuen Twitters» sein wolle, musste auf einen entsprechenden Link drücken. «Welche Entscheidung auch immer Sie treffen, ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen, Twitter erfolgreich zu machen», schrieb Musk. Eine Kopie der Nachricht, über die die «Washington Post» berichtete, wurde von Reuters geprüft. Eine Person, die die Nachricht bei Twitter erhalten hatte, bestätigte zudem deren Inhalt.

Viele haben das Unternehmen verlassen

Hunderte Angestellte hätten vor dem Totalumbau des Unternehmens gekündigt, berichtet das Technologieportal «The Verge». Mehrere Abteilungen, die für den Betrieb des Kurznachrichtendienstes entscheidend seien, seien teilweise oder ganz verschwunden, sagte ein anonymer Mitarbeiter im Artikel. Schon Anfang dieser Woche hat Musk auch eine kleine Gruppe von Programmierern aus dem Unternehmen geschmissen, nachdem sie sich mit ihm angelegt hatten, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet.

Politik findet weltweit deutliche Worte auf Musks Marschrichtung

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Die Umwälzungen bei Twitter haben inzwischen die Politik alarmiert. So riefen US-Senatoren die Verbraucherschutzbehörde FTC dazu auf, die Vorgänge zu prüfen. «In den vergangenen Wochen hat der neue Twitter-Chef Elon Musk alarmierende Schritte unternommen, die die Integrität und Sicherheit der Plattform untergraben haben.»

Auch die EU-Kommissarin Vera Jourová kritisierte den neuen Twitter-Eigentümer: «Wir wollen soziale Medien, die den Menschen dienen und keine schädlichen Inhalte verbreiten», sagte die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission dem Nachrichtenportal ZDFheute.de. Musk habe «sehr erfahrene Mitarbeiter gefeuert, die über Jahre der Beratungen verstanden haben, was wir in Europa wollen».

Am Rande der Mainzer Medienmesse ConCon drohte Jourová zudem mit einem Bussgeld in Milliardenhöhe. «Wenn Musk No way sagt, sagen auch wir No way», betonte die EU-Kommissarin. Die EU werde nicht akzeptieren, wenn via Twitter der europäische Informationsraum wieder vergiftet werde, etwa durch russische Propaganda. Der Digital Markets Act, der in der EU zum 1. November in Kraft trat und ab dem 2. Mai 2023 wirksam sein wird, verleihe der EU «Zähne», sagte Jourová.

Auch die deutsche Bundesregierung sieht die Entwicklung beim Kurznachrichtendienst Twitter zunehmend besorgt. Die Regierung habe noch keine Entscheidung getroffen, ob die Ministerien weiter auf Twitter präsent bleiben wollten, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. «Wir beobachten die Entwicklung bei Twitter mit wachsender Sorge», sagte er aber. Etliche Ministerien haben bereits Konten bei dem konkurrierenden Kurznachrichtendienst Mastodon.

Angesichts der Entwicklungen diskutieren Nutzerinnen und Nutzer, ob Twitter weiter bestehen werde. So trendet auf der Plattform der Hashtag #RIPTwitter als Hinweis darauf, dass der Kurznachrichtendienst «sterben» könnte. Die Daten-Wissenschaftlerin Melissa Ingle, die von Musk gefeuert wurde, sagte dem Portal «Technology Review», es gebe «nicht mehr genug technische Expertise, um die Seite am Laufen zu halten».

Musk äusserte sich am späten Donnerstagabend gelassen über die Kündigungen. «Die besten Leute bleiben», schrieb er auf Twitter. Ungeachtet der Kündigungswelle erlebe der Kurznachrichtendienst Nutzungsrekorde, so Musk weiter.

Nach seiner Übernahme von Twitter vor weniger als drei Wochen hatte Musk zunächst die Hälfte aller 7500 Vollzeitangestellten entlassen. Kurz darauf schaffte er die Möglichkeit zum Arbeiten im Homeoffice ab.

Ausserdem will der selbsternannte «Absolutist der Meinungsfreiheit» die Verhaltensregeln lockern und Twitter zur «genauesten Informationsquelle» machen. Kritiker befürchten, dass sich der Dienst dadurch zum Tummelplatz für Falschmeldungen und Verschwörungstheorien entwickelt.

Tagesschau am Mittag, 18.11.2022, 12:45 Uhr ; 

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