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Nachhaltigkeits-Zertifizierung Ein staatlicher Stempel für Unternehmen, die nachhaltig arbeiten?

Parlamentarierinnen und Parlamentarier von links bis rechts wollen einen staatlichen Stempel einführen. Mit diesem könnten Unternehmen ihre Nachhaltigkeit vom Staat bestätigen lassen. Noch muss die Idee einige Hürden nehmen.

Verschiedene Länder kennen einen rechtlichen Status für nachhaltige Firmen. Anders in der Schweiz. Hier gibt es bisher nur Labels von privaten Organisationen. Standardisierte Anforderungen fehlen bislang.

Diese Problematik sieht auch Patrick Semadeni. Er ist Chef eines mittelständischen Industrieunternehmens in Ostermundigen im Nordosten der Stadt Bern. Seine Firma stellt Artikel für Labore und Verpackungen aus Kunststoff her.

«Es gibt so viele Umweltstandards»

Semadeni setzt sich für einen rechtlichen Status für nachhaltige Unternehmen ein: «Es gibt so viele Umweltstandards und so viele Unternehmen, die nachhaltig sein wollen. All diese Umweltstandards unterscheiden sich und haben unterschiedliche Anforderungen. Zum Teil sind es Self-Assessments.» Jeder könne also selbst sagen, in welcher Form er nachhaltig sei.

Der Rechtsstatus «Nachhaltiges Unternehmen», eine Art staatlicher Stempel für nachhaltige Unternehmen, würde einen einheitlichen und transparenten Rahmen schaffen. Dieser wäre auch von aussen nachvollziehbar, betont Patrick Semadeni. Er ist überzeugt, dass damit dem sogenannten Greenwashing ein Riegel vorgeschoben werden könnte.

Patrick Semadeni steht in seiner Produktionshalle.
Legende: Patrick Semadeni glaubt, dass seine Firma den Status «Nachhaltiges Unternehmen» erhalten und davon profitieren würde. Im Bild steht er in seiner Produktionshalle. SRF

Die Idee eines Gütesiegels für Nachhaltigkeit findet auch im Bundeshaus Anklang. So setzt sich etwa Sophie Michaud Gigon, Nationalrätin der Grünen aus dem Kanton Waadt, zusammen mit dem Urner FDP-Ständerat Joseph Dittli für die Einführung des Status «Nachhaltige Unternehmen» ein.

Schweiz hinkt international hinterher

«Frankreich, Spanien, Kanada, USA – sie haben ein rechtliches Instrument, mit dem sie Nachhaltigkeit nachweisen können. Die Schweiz hat das nicht. Und das ist wirklich nötig für diesen Wandel. Und das ist nötig für unsere KMU», sagt Michaud Gigon.

Es werde immer mehr zum Wettbewerbsnachteil, wenn ein Unternehmen seine Nachhaltigkeit international nicht belegen könne. Noch sei allerdings die Umsetzung unklar, räumt Sophie Michaud Gigon ein. «Das muss man auch mit den KMU zusammen entwickeln.» Das Instrument solle schliesslich auch eine Hilfe sein, und nicht nur bürokratischen Aufwand bedeuten.

Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern von Häuser auf dem Suurstoffi-Areal.
Legende: In anderen Ländern gibt es bereits ein staatliches Instrument, das die Nachhaltigkeit eines Unternehmens bestätigt. Nicht so in der Schweiz. Keystone/Christian Beutler

Entwickelt hat die Idee dieses neuen Rechtsstatus die Stiftung B Lab in Genf. Geschäftsführer Jonathan Normand ist überzeugt, dass eine pragmatische Umsetzung möglich sei. Das zeigten Erfahrungen aus anderen Ländern.

Von dort wisse man auch, dass mit der Einführung zum Beispiel der Bezeichnung «Società Benefit» in Italien oder der «Benefit Corporation» in den USA die Zahl der Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeit ausweisen, sprunghaft angestiegen sei.

Vorstoss im Parlament

Bereits im April soll ein entsprechender Vorstoss in der ersten parlamentarischen Kommission zur Debatte stehen. Lehnt das Parlament ab, stirbt die Idee. Stimmt es ihr aber zu, könnten sich bereits in anderthalb Jahren die ersten Schweizer AGs und GmbHs das Kürzel NU für nachhaltiges Unternehmen anhängen, so hofft Jonathan Normand.

Rendez-vous, 25.03.2024, 12:30 Uhr;kesm

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