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Neue Fleischalternative Gezüchtetes Laborfleisch bald auch «Made in Switzerland»

Die Schweiz wird zum Entwicklungsstandort für künstlich kultiviertes Fleisch. Nun entsteht eine erste Produktionsstätte. Eine Zulassung fehlt jedoch noch – und auch bei der Wirtschaftlichkeit und der gesellschaftlichen Akzeptanz hapert es noch.

Im Labor gezüchtetes Fleisch aus tierischen Zellen – das dürfte es schon bald auch «Made in Switzerland» geben. Aleph Farms, eines der bekanntesten Unternehmen im Bereich des sogenannten «Kultivierten Fleisches», präsentierte seine neue Produktionsstätte im zürcherischen Kemptthal. Das israelische Unternehmen spricht von einem Meilenstein seiner europäischen Expansion. Migros ist seit 2019 am Unternehmen beteiligt.

Steak aus dem 3D-Drucker

Das Produkt – ein Steak aus Rinderzellen und pflanzlichen Eiweissen – muss in der Schweiz jedoch erst als «neuartiges Lebensmittel» zugelassen werden. Beispielsweise in Singapur, den USA oder Israel wird Fleisch solcher Art bereits verkauft. «Der Zulassungsprozess ist fortgeschritten und wir rechnen mit einer baldigen Freigabe», gibt sich Aleph Farms-Mitgründer Didier Toubia optimistisch. Ab dann wolle man mit der Produktion starten und diese möglichst bald ausbauen.

Für das Laborfleisch werden tierische Zellen in einem Bioreaktor herangezüchtet. Der Prozess dauert zwischen zwei und acht Wochen. Aus einer tierischen Probe können theoretisch etwa Tausend Tonnen Fleisch entstehen. Diese werden zu Burger-Patties geformt oder mit einem 3D-Drucker zum Steak.

Auch Schweizer Firmen setzen auf kultiviertes Fleisch

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Die israelische Firma ist nicht die einzige, die in der Schweiz auf kultiviertes Fleisch setzt. Auch Schweizer Unternehmen wie beispielsweise Mirai oder Sallea tüfteln am kultivierten Fleisch.

Mehr Proteine und weniger Fett

Didier Toubia sieht verschiedene Vorteile in kultiviertem Fleisch: «Es kommen keine Antibiotika zum Einsatz und es gibt wegen der sterilen Produktionsumgebung keine Verunreinigungen.» Im Labor könne das Fleisch zudem an die menschlichen Präferenzen angepasst werden – etwa mit mehr Proteinen und weniger Fett oder Kalorien, aber auch im Geschmack.

Zwei Wissenschaftler im Labor in weissen Kitteln diskutieren.
Legende: Im ETH-Labor forscht man ebenfalls am kultivierten Fleisch. Der Fokus liegt neben der Lebensmittelproduktion auf der Forschung an Muskelstammzellen für die Medizin. SRF

Der ETH-Forscher Ori Bar-Nur ergänzt: «Die Weltbevölkerung wächst rasant. Land und Wasser, die für die Nahrungsmittelproduktion wichtig sind, werden immer knapper. Die Hoffnung ist, dass wir mit kultiviertem Fleisch weniger Ressourcen verbrauchen, umweltfreundlicher und auch ethisch nachhaltiger sein können.»

Ist kultiviertes Fleisch nachhaltiger?

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Konventionelle Nutztierhaltung ist ressourcenintensiv – insbesondere die Produktion von Rindfleisch verbraucht viel Landfläche sowie Wasser und verursacht grosse Mengen Treibhausgase.

Doch auch Prozesse künstlich gezüchteter Alternativen können sehr energieintensiv sein. Dabei ist die Studienlage nicht eindeutig: Neuere Untersuchungen prognostizieren bei energieintensiven Verfahren und kleinen Produktionsmengen teilweise sogar einen noch höheren CO2-Ausstos. Flächen- und Wasserverbrauch sind dagegen deutlich geringer.

Werden jedoch erneuerbare Energien genutzt, reduzieren sich die Treibhausgasemissionen gegenüber Rindfleisch um bis zu 92 Prozent. Pflanzliche Fleischersatzprodukte schneiden in der Klimabilanz noch besser ab.

Schon bald auf unserem Teller?

Unklar bleibt, wann solche Produkt marktreif sind – und zu welchem Preis. Der grosse Hype um die zahlreichen Startups ist abgeflacht. Die weltweiten Investitionen sind rückläufig, viele Projekte verzögern sich. Die Gründe: Die Entwicklung ist teuer, der Schritt vom Labor zur industriellen Produktion technisch anspruchsvoll und die Zulassungen aufwendig.

Vakuumverpacktes rotes Fleischstück auf Metallfläche.
Legende: Das Laborfleisch ist Realität geworden. Aber Preis und Nachfrage haben sich noch nicht eingespielt. SRF

Nun soll sich die Schweiz als Innovationsstandort und europäischer Testmarkt etablieren. Wann gezüchtetes Fleisch jedoch in Schweizer Restaurants oder Ladenregalen landet, ist schwer zu sagen.

60 Prozent haben (noch) keine Lust

Die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft Proviande verfolgt die Entwicklung aufmerksam. Wichtig seien klare Deklarationspflichten und eine Gleichbehandlung bei Qualität und Lebensmittelsicherheit. Kultiviertes Fleisch könne eine ergänzende Option sein.

Nicht zuletzt müssen die Konsumenten überzeugt werden. Noch scheint die Akzeptanz gering: In einer 2023 durchgeführten Umfrage des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI) – das vom Migros-Kulturprozent unterstützt wird – gaben 60 Prozent an, sie hätten keine Lust auf das Produkt.

GDI-Konsumforscherin Christine Schäfer ordnet ein: «Das Produkt ist noch völlig fremd. Aber sobald es verfügbar und erschwinglich ist, sehen wir gute Chancen.»

10v10, 11.09.2025, 21:50 Uhr; noes

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