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Neuer Bankenkoloss UBS-Chef Ermotti: «Die CS wäre nicht mehr überlebensfähig»

Die Credit Suisse beschäftigt derzeit noch rund 17'000 Angestellte in der Schweiz, die UBS deren 21'000. Lange bangte das Personal der neuen Megabank, wie es weitergeht. Denn klar war nur, dass es zu einem Stellenabbau kommen wird.

Jetzt schafft Sergio Ermotti mehr Klarheit zur Zukunft der Belegschaft. Gegenüber SRF News bestätigt der UBS-Chef: In der Schweiz werden rund 3000 Mitarbeitende entlassen. Zudem äussert er sich zur Frage, ob der neue Bankenkoloss nicht zu gross für die kleine Schweiz sei.

Sergio Ermotti

CEO der UBS

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Sergio Ermotti ist seit April 2023 CEO der UBS. Bereits zwischen 2011 und 2020 hatte er diese Position inne.

SRF News: Ist die CS Stand heute eine marode Bank, die nicht mehr überlebensfähig wäre?

Sergio Ermotti: Als «marode» würde ich sie nicht bezeichnen. Für uns ist aber klar, dass die CS nicht mehr überlebensfähig wäre. Man kann die Realitäten nicht verdrängen und so tun, als hätte sie nur ein kleines Liquiditätsproblem. Das ist eine sehr nostalgische Interpretation der Situation. Die Zahlen der CS zum zweiten Quartal haben gezeigt, dass sie nicht mehr zu retten war.

Die UBS wird die CS vollständig integrieren. Warum soll das die «beste Lösung» sein – und damit auch besser, als die CS in der Schweiz als selbstständige Bank zu behalten?

Als wir die Übernahme der CS bekanntgegeben haben, haben wir uns verpflichtet, alle Optionen für die Zukunft der CS Schweiz zu prüfen. Wir haben für diese Analyse 15'000 Stunden mit mehr als 40 Leuten investiert. Unter diesen Optionen war auch eine Abspaltung der heutigen Aktivitäten der CS Schweiz, eine weitere Option war der Verkauf.

UBS-Chef Sergio Ermotti
Legende: Hoffnungen über ein eigenständiges Überleben hierzulande haben sich endgültig zerschlagen, die UBS integriert die CS auch in der Schweiz vollständig, wie UBS-CEO Sergio Ermotti bekannt gab. Insgesamt dürfte die Übernahme in der Schweiz zu rund 3000 Entlassungen bei der Gesamtbank führen. Keystone/Michael Buholzer

Am Ende war das Resultat kristallklar: Die beste Lösung ist die vollständige Integration der CS Schweiz in die UBS. Nur sie bietet eine nachhaltige und sichere Lösung für die Angestellten, befriedigt die Bedürfnisse der Kunden und ist im besten Interesse der Schweiz und der Aktionäre.

Das ist also auch die beste Lösung für das Personal?

Das ist so. Bei einer Abspaltung wäre der Unterschied beim Stellenabbau minimal gewesen, gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten in der Schweiz. Durch die vollständige Integration der CS in die UBS garantieren wir Jobs – und wir sind sogar fähig zu wachsen und neue, interessantere Jobs zu offerieren.

Das Business-Modell der CS war nicht nachhaltig. Sie muss restrukturiert werden.

Leider muss man tiefgreifende Massnahmen vornehmen, um die Situation der CS zu verbessern. Sie hat exzellente Leute, sehr gute und treue Kunden und gute Dienstleistungen. Aber: Das Businessmodell der CS war nicht nachhaltig. Sie muss restrukturiert werden.

Wie viel Personal baut die CS insgesamt ab?

Um die Kostenziele und eine nachhaltige Profitabilität zu erreichen, müssen wir die CS restrukturieren und die Synergien der gesamten Gruppe nutzen. Ein grosser Teil davon betrifft das Personal, aber auch weitere Planung im Bereich Immobilien und IT. Bei dieser Kostenreduktion hilft uns die Personalfluktuation ebenso wie die demografischen Trends inner- und ausserhalb der Schweiz, dazu gibt es Möglichkeiten der internen Mobilität.

Im Falle einer Abspaltung der CS Schweiz – die nicht nachhaltig gewesen wäre – hätten wir trotzdem 600 Stellen kündigen müssen.

Proaktiv werden wir in der Schweiz leider 3000 Arbeitsstellen kündigen müssen. Dies über die nächsten Jahre beginnend ab 2024. 1000 dieser Stellen entfallen auf die Integration der Banktochter CS Schweiz in die UBS. Im Falle einer Abspaltung der CS Schweiz – die nicht nachhaltig gewesen wäre – hätten wir trotzdem 600 Stellen kündigen müssen. Weitere 2000 Kündigungen werden im CS-Konzern für andere Tätigkeiten in der Schweiz vorgenommen.

Die UBS ist «too big to fail», sie müsste also bei einer nächsten Krise vom Staat gerettet werden. Wie wollen Sie Öffentlichkeit und Politik davon überzeugen, dass die UBS nicht zu gross für die kleine Schweiz ist – mit Blick auf die Risiken?

Ich glaube nicht, dass die UBS zu gross für die Schweiz ist. Das Thema ist kompliziert und kann nicht innerhalb von einer Minute besprochen werden. Schauen Sie sich an, was mit der CS passiert ist: Auch sie war «too big to fail» – aber sie ist doch untergegangen. Am Ende musste der Steuerzahler, die Steuerzahlerin nicht wirklich bezahlen, sondern hat etwas Geld verdient. Die heutige «Too big to fail»-Regulierung zeigt: Die CS hatte genug Kapital, um eine Abwicklung vorzunehmen, ohne dass der Steuerzahlenden etwas bezahlen muss. Das haben wir Ende Juni in der Bilanz des CS gesehen.

Mit der jetzigen Lösung mit der UBS bleiben die guten Teile der CS erhalten – ohne dass ein Problem für die Schweiz und ihre Finanzstabilität geschaffen wird. Es wäre total masochistisch gewesen, die CS fallen zu lassen, nur um zu beweisen, dass «too big to fail» funktioniert.

Das Gespräch führte Jan Baumann.

SRF 4 News, 31.08.2023, 7 Uhr ; 

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