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Postauto-Skandal Gericht stützt Post: Streichung der Boni waren rechtens

Nach dem Postauto-Fall wurden Boni von Kadermitgliedern gestrichen. Diese wehrten sich. Nun liegt ein erstes Urteil vor. Es stützt den forschen Kurs der Post.

Vor fünf Jahren wurde der Postauto-Skandal publik. Die Verantwortlichen hatten offenbar über Jahre bei der Buchhaltung geschummelt und so zu Unrecht Millionen-Gewinne eingefahren; zulasten der Steuerzahler.

Ein Postauto in einer Haarnadelkurve auf dem Furka.
Legende: Ein Postauto in einer Haarnadelkurve auf dem Furka. KEYSTONE/Urs Flueeler

Der Post-Konzern griff durch: Er stellte die gesamte Postauto-Geschäftsführung frei und blockierte noch nicht ausbezahlte Boni. Mehrere Ex-Kader wollten das aber nicht auf sich sitzen lassen und klagten ihre Boni ein.

Post «erleichtert»

Einer der Kläger sass in der Geschäftsleitung von Postauto. Er war weder Chef, noch leitete er die Finanzen. Doch die Post stellte ihn nach der Postauto-Affäre trotzdem frei – und strich ihm noch nicht ausbezahlte Boni in der Höhe von rund 187'000 Franken. Zu Unrecht, fand der Ex-Kadermann, und ging vor Gericht. Nun hat die Zivilabteilung des Regionalgerichts Bern-Mittelland seine Klage vollumfänglich abgewiesen.

Das Urteil von vergangener Woche liegt Radio SRF vor: Es gibt dem Ex-Geschäftsleitungsmitglied eine Mitverantwortung: «Das Gericht erachtet den Beweis, dass der Kläger um die rechtswidrige Buchungspraxis wusste beziehungsweise wissen musste, als erbracht.» Das Gericht kommt deshalb zum Schluss: Die Post darf dem Mann den Bonus streichen.

Das Gericht erachtet den Beweis, dass der Kläger um die rechtswidrige Buchungspraxis wusste beziehungsweise wissen musste, als erbracht.
Autor: Aus dem Urteil Regionalgericht Bern-Mittelland

Es dürfte nicht das letzte Urteil sein. Die Post nämlich bestätigt: Weitere Mitglieder der früheren Geschäftsleitung haben rechtliche Schritte eingeleitet. Entsprechend erleichtert reagiert Post-Sprecherin Denise Birchler auf das erste Urteil: «Die Post hat sich darüber gefreut. Es bestätigt, dass es korrekt war, dass wir die Boni dieser ehemaligen Kaderpersonen eingefroren oder gar gestrichen haben.»

Rechtlich hohe Hürden

Eher überrascht ist ein Experte für Arbeitsrecht. Thomas Geiser, emeritierter Professor für Privat- und Handelsrecht, sagt: «Die Post konnte offensichtlich vor Gericht belegen, dass ein Geschäftsleitungsmitglied, das selber nicht direkt für die Finanzen zuständig ist, dennoch für das Finanzgebaren und die Finanzabrechnung mit zuständig ist.»

In der Regel würden Gerichte in ähnlichen Fällen eher zugunsten der Angestellten entscheiden, so Geiser: «Die neuere Rechtssprechung zeigt mir eine hohe Hürde. Ob sich das Gericht an diese Höhe gehalten hat, wird man sehen, wenn die Begründung vorliegt.»

Eine schriftliche Urteilsbegründung gibt es noch nicht. Offen ist auch, ob der Ex-Postauto-Kadermann das Urteil weiterziehen wird; sein Anwalt verweigert auf Anfrage jegliche Auskünfte. Die Klagen mehrerer weiterer Ex-Postauto-Kader übrigens – auf Auszahlung ihrer Boni – liegen gemäss Informationen von Radio SRF zurzeit auf Eis. Die Beteiligten wollen den Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens des Bundesamts für Polizei (fedpol) abwarten.

Fordert die Post Schadenersatz?

Post-Sprecherin Birchler äussert sich nicht zu den einzelnen Klagen der früheren Kader. Sie macht aber deutlich: Der Konzern behalte sich neben der Boni-Streichung weitere Schritte vor: «Es gibt Themen, die noch offen sind, etwa Fragen nach Schadenersatz. Diese wollen wir abschliessend klären.» Daher hoffe man, «baldmöglichst» Erkenntnisse aus dem Strafverfahren zu erhalten.

Das fedpol ermittelt seit mehreren Jahren gegen mindestens sechs frühere Post- und Postauto-Kader. Das Berner Regionalgericht ist dieser strafrechtlichen Aufarbeitung mit diesem ersten Boni-Entscheid nun zuvorgekommen.

Echo der Zeit, 17.05.2023, 18:00 Uhr

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