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Reinigungsbranche Die selbstbestimmten Reinigerinnen

Reinigerinnen verdienen oft wenig, sind kaum versichert und arbeiten auf Abruf. Eine Genossenschaft zeigt – es geht auch anders.

Lizeth Menocal putzt die Küche in einer Wohnung in Zürich Altstetten. Sie arbeitet flink und routiniert. «Es gefällt mir, in der Reinigung zu arbeiten, das liegt mir», sagt Menocal. Sie tue es aber auch aus Notwendigkeit.

Die gebürtige Honduranerin und ihr Mann sind in die Schweiz gereist, um zu arbeiten. Ihre zwei Kinder sind noch in Spanien bei Verwandten, einen Teil ihres Einkommens schicken sie darum nach Spanien. Sie hofft aber, sie bald in die Schweiz holen zu können.

Die Reinigerin Lizeth Menocal saugt eine Küche.
Legende: Die Reinigerin Lizeth Menocal ist stolz auf ihre Arbeit. SRF / Nora Meuli

Die Arbeitsbedingungen bei der Genossenschaft «Autonomia» seien gut, besser als bei früheren Arbeitgebern, sagt Menocal: «Ich werde anders behandelt, meine Arbeit wird geschätzt.» Bisher habe sie noch mit keinen Kunden oder Kundinnen ein Problem gehabt. Zudem gefalle ihr, dass sie und die anderen Frauen bei Autonomia gemeinsame Ziele hätten.

Der Mindestlohn gilt nicht für Selbstständige

Lizeth Menocal ist eine von 48 Reinigerinnen in der Genossenschaft, unterstützt werden sie vom Zentrum für Care Kooperativen. Das Zentrum übernimmt die Administration, stellt Rechnungen, telefoniert mit Kundinnen und Kunden und zahlt die Löhne. 30 Franken pro Stunde verdienen die Reinigerinnen brutto.

Wenn eine Frau so arbeitet, darf sie nicht krank werden, weil sie nicht versichert ist.
Autor: Jael Bueno Co-Leiterin des Zentrums Care Kooperativen

Im Vergleich zur Konkurrenz sei das viel, sagt Jael Bueno, die Co-Leiterin des Zentrums. Bueno sagt: «In Zürich findet man Reinigerinnen, die für 14 Franken pro Stunde putzen.» In den Privathaushalten putzen vor allem selbstständig erwerbende Reinigerinnen. Sie können den Preis selber festlegen. Der Branchenmindestlohn von knapp 21 Franken pro Stunde gilt nur für Angestellte von Unternehmen mit mindestens fünf Mitarbeitenden. Grössere Unternehmen sind vor allem in der Gebäudereinigung tätig.

Bessere Jobs für ältere Migrantinnen

Die Genossenschaft Autonomia gibt es seit 2021, damals begleitete das Zentrum Frauen über 50 mit wenig Deutschkenntnissen bei der Arbeitssuche. Jobs gab es vor allem in der Reinigung, sagt Jael Bueno. Meist zu schlechten Bedingungen: 20-Prozent-Pensen, aber die ganze Woche auf Abruf verfügbar, wenige Stunden Arbeit und darum keinen Anspruch auf Sozialleistungen.

«Wenn eine Frau so arbeitet, darf sie nicht krank werden, weil sie nicht versichert ist», sagt Bueno. Darum unterstützte das Zentrum die Reinigerinnen dabei, eine Genossenschaft zu gründen.

Die Geschichte von Autonomia

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Im ersten Jahr haben 16 Reinigerinnen zusammen 700'000 Franken umgesetzt. Das Unternehmen war damit aber noch nicht kostendeckend. Zwei Jahre später waren es schon 1.7 Millionen Franken Umsatz. Die Genossenschaft kann jetzt die Kosten decken und das Zentrum für die administrativen Arbeiten bezahlen.

Jael Bueno wünscht sich, dass Autonomia weiter wächst, damit noch mehr Reinigerinnen zu besseren Bedingungen arbeiten können. Denn viele wohnten unter prekären Bedingungen: Sie schickten einen grossen Teil ihres Einkommens an ihre Familien, so dass ihnen selber kaum Geld für die Miete bleibe. Ein Wunsch wäre darum auch, sich einer Wohnbaugenossenschaft anzuschliessen.

Putzen ist eine wertvolle Arbeit

Zudem will Bueno ihre Kundschaft sensibilisieren: «Diese Arbeit hat einen Wert und ist wichtig für das Wohlergehen der Familie – egal ob sie eine Reinigerin oder ein Familienmitglied übernimmt.» Auch bei vielen Reinigerinnen von Autonomia habe ein Umdenken stattgefunden.

Lizeth Menocal ist stolz auf ihre Arbeit: «Autonomia zeigt, dass sich Frauen durchaus selber helfen können.» Ähnliche Unternehmen gibt es auch in Bern und Basel. Diese Unternehmen, die faire Arbeitsbedingungen für Reinigerinnen anbieten wollen, machen aber nur einen sehr kleinen Teil der Branche aus.

Echo der Zeit, 10.7.2025, 18 Uhr; wilh

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