Nun ist der Moment also gekommen: Der von ihm mitgegründete Laver-Cup Ende Monat wird das letzte Mal sein, dass Roger Federer auf die grosse Tennisbühne tritt.
Nur wenige Sportler, Musikerinnen oder Politiker waren in den vergangenen beiden Jahrzehnten so präsent wie der 41-jährige Basler. Der Tenniscrack grüsste von Plakaten, bewarb Kaffeemaschinen oder Handyabos am Fernsehen, vermarktete die Feriendestination Schweiz zusammen mit Hollywoodgrösse Robert de Niro, und zierte mit seinen Initialen millionenfach auf Sportartikeln.
Bedeutet der Rücktritt also auch das Ende des omnipräsenten Werbeträgers Roger Federer?
Federer, der nahbare Markenbotschafter
Auf der Suche nach Antworten auf die Frage, wieso gerade der aus der kleinen Schweiz stammende Federer zur weltweiten Werbeikone wurde, landet man neben den sportlichen Fähigkeiten des Jahrhunderttalents zwangsläufig auch bei seinem Auftreten in der Öffentlichkeit.
In jungen Jahren noch für sein aufbrausendes Temperament bekannt, wurde das hochbegabte Tennis-Ass mit den Jahren zum ruhenden Pol und zur allseits beliebten Konstante in der Sportwelt, die eigentlich eher durch Aufs und Abs geprägt ist. Skandale? Fehlanzeige.
Für Marco Casanova, Professor für Sportmarketing an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, ist es denn auch die Nahbarkeit von Federer, die seine Faszination ausmacht.
Wir haben Roger Federer vom verliebten Teenager bis zum liebevollen Vater miterlebt.
«Er ist wie ein Verwandter von uns», sagt Casanova. Federer habe die Menschen stets an seinen Erfolgen und an seiner Karriere teilhaben lassen. Auch das Familiäre spielte dabei immer eine grosse Rolle. Das Publikum habe quasi die ganze Entwicklung vom Jugendlichen hin zum Mann miterlebt, «vom verliebten Teenager zum liebevollen Vater», so Casanova.
Bei der Auswahl seiner Werbepartner verfolgte der Basler eine klare Strategie und lehnte auch ein Mal ein Angebot ab, wenn die Marke nicht zu ihm passte.
Die Strategie ist aufgegangen. «Roger Federer hat längst Legendenstatus erreicht. Sein Marktwert dürfte in unmittelbarer Zukunft sogar eher noch steigen», sagt Anette Häcki von der Werbeagentur Jung von Matt in Zürich.
«Federer kriegt mit jedem einen Termin»
Verschwindet dies nun alles nach dem Rücktritt? Marco Casanova sagt klar: «Die Marke Roger Federer braucht den Tennisplatz nicht mehr» und ergänzt: «Er selbst kann entscheiden, ob er sich ins Private zurückziehen oder in der Öffentlichkeit bleiben will.»
Würde er sich fürs Weitermachen entscheiden, stünde ihm jedoch nichts im Weg. Von Dritten ist der 41-Jährige ohnehin nicht mehr abhängig.
In den vergangenen Jahren hat sich Roger Federer nämlich gleich mehrere Standbeine abseits des Platzes aufgebaut. Neben seiner Marketingagentur TEAM8 betätigt sich Federer auch über eine nach ihm benannten Stiftung für benachteiligte Kinder in Afrika. 2018 stieg er zudem beim Zürcher Schuhunternehmen On ein.
Markenexperte Casanova sieht im weltweiten Netzwerk Federers in Sport, Wirtschaft und Politik denn auch eine seiner grossen Stärken: «Roger Federer bekommt innerhalb einer Woche einen Termin: egal mit wem.»
All dies führe dazu, dass die ehemalige Weltrangnummer 1 auch weiterhin in der Öffentlichkeit eine Rolle spielen wird, so Annette Häcki. Doch die Werberin mahnt auch: «Gerade im Ausland wird das Interesse schon irgendwann nachlassen.» Ausserdem rücke auch eine neue Generation nach, die andere Ansprüche habe. «Unternehmen setzen für ihre Brands auf Identifikationsfiguren der Generation Z.»
Und bei dieser ist laut Häcki eine klare Haltung in gesellschaftlichen Fragen gefragt. Will der Superstar also relevant bleiben, muss er sich in Zukunft vermehrt auch an heiklere Themen wagen.