Zu Beginn hätten die Sanktionen gegen Russland funktioniert, erklärt Öl-Expertin Cornelia Meyer. Doch dann habe das Geschäft mit dem russischen Öl neue Wege gefunden. Inzwischen werde viel davon nach China und Indien geliefert. Ein Fünftel des von Russland exportierten Öls lande in Indien, das sei zehnmal so viel wie 2021.
Der Preisdeckel von 60 Dollar pro Fass russischen Öls gilt nur im Westen, nicht aber in China und Indien. Dort wird das schwarze Gold jeweils mit einem Preisabschlag verkauft: «Wenn der weltweite Ölpreis 100 Dollar beträgt, werden es etwa 80 Dollar pro Fass sein, wenn der Ölpreis sinkt, dann sinkt mit ihm auch jener für russisches Öl», sagt Meyer.
Moskau sollte weniger am Öl verdienen
Der Preisdeckel könne nicht funktionieren, ergänzt der Energieökonom Christof Rühl von der Columbia Universität. Russland sei einer der drei grössten Erdölexporteure, der Westen könne nicht auf russisches Öl verzichten. Der Bedarf an Treibstoff sei zu gross.
Der Preisdeckel sei der Versuch, das Öl auf dem Markt und gleichzeitig die Gewinne Moskaus möglichst minimal zu halten. «Doch jetzt sieht man, dass das nicht funktioniert», sagt Rühl. Russland verdient weiterhin am Öl.
Russisches Öl in Dubai gehandelt
Auch die Handelsgesellschaften mussten sich neu organisieren. Davon ist auch der Rohstoffhandelsplatz Schweiz betroffen. «Die einst grossen Schweizer Handelsgesellschaften haben sich grösstenteils aus dem Handel mit russischem Erdöl zurückgezogen», sagt Manuel Abebe, Rechercheur bei der Nichtregierungsorganisation Public Eye. Sie haben russische Zolldaten ausgewertet: An ihrer Stelle handelten jetzt viele kleine unbekannte Händler vor allem in Dubai mit dem russischen Rohöl.
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Mit den Sanktionen sei das sowieso schon intransparente Geschäft also noch obskurer geworden. Die Recherche habe gezeigt: Viele der Firmen in Dubai hätten zuvor unter fast dem gleichen oder sehr ähnlichen Namen von der Schweiz aus mit russischem Öl gehandelt. Das Geschäft führten sie jetzt in Dubai weiter. Inwiefern diese Dubaier Ableger mit den Firmen in der Schweiz zusammenarbeiten, sei allerdings nicht klar, so Abebe.
Genau das ist aber entscheidend: Nur wenn dieser Einfluss da ist, die Tochterfirma in Dubai also zum Beispiel Befehle aus der Schweiz ausführt, müsste sie sich an die Schweizer Sanktionen halten. Prüfen muss dies das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Es ist für die Umsetzung der Sanktionen zuständig.
Handel für Moskau teurer geworden
Anders als Meyer und Rühl findet Abebe aber durchaus, dass die Sanktionen wirkten: «Der Handel mit russischem Öl ist für Moskau teurer geworden.» Es mussten neue Firmen gegründet und eine ganze Schattenflotte aufgebaut werden. Das sind über 400 Öl-Tanker, die russisches Öl transportieren. «Das alles kostet viel Geld.» Und das sei Geld, das nicht in russische Waffen fliessen könne, sagt Abebe.
Auch wenn der Handel komplizierter und teuer geworden ist: Russland verdient mit dem Verkauf seines schwarzen Goldes immer noch viel Geld. Trotz westlicher Sanktionen.