Brutzelt bei Herr und Frau Schweizer das Steak auf dem Grill, frohlockt des Bauern Herz. Könnte man meinen. Doch Schweineproduzenten haben derzeit Sorgenfalten auf der Stirn. Einer von ihnen: Peter Anderhub aus Muri. Er muss schauen, dass er nicht auf seinen Tieren sitzenbleibt. «Die Situation ist angespannt.»
In der Regel heisst es für Anderhubs Ferkel: Mit 25 Kilogramm geht's ab auf den Mastbetrieb. Drei Monate später wartet der Metzger auf sie. Die Realität sieht aktuell aber anders aus: Man müsse auf der Hut sein, die Schweine rechtzeitig an den Mäster liefern zu können, sagt der Züchter.
50'000 Tiere werden zu spät geschlachtet
Grund für den Stau in der Produktionskette: Es hat zu viele Schweine in den Ställen. «Rund 50'000 Tiere werden derzeit jede Woche zu spät geschlachtet», sagt Meinrad Pfister, Zentralpräsident von Suisseporcs, dem Schweizerischen Schweinezucht- und Schweineproduzentenverband.
Rund fünf Prozent beträgt die Überproduktion. Die Ursache dafür: Zwischen 2018 und 2020 gab es zu wenig Tiere auf dem Markt, Schweinebauern winkten gute Preise. «Das kurbelte die Produktion an», sagt Pfister. Im Jargon spricht man vom sogenannten Schweinezyklus.
Hinzu kommt: Als 2020 die Pandemie ausbrach, fiel der Einkaufstourismus weg – das half den Schweineproduzenten. «Nun kehrte dieser wieder in alter Härte zurück.» Ausgerechnet jetzt, wo ohnehin schon zu viele Tiere vorhanden sind.
Preise purzeln in den Keller
Die Folge für die Bauern: tiefe Preise. Pro Kilo Schlachtgut gibt's derzeit noch 3.10 Franken. «Momentan muss man schauen, dass man noch alle Rechnungen zahlen kann», sagt Züchter Peter Anderhub. «Höfen ohne Reserven droht existenzielle Not.»
Es brauche nun ein Miteinander: Vom Schlachthof, der nicht mit Metzgen zuwarte, über den Grossverteiler, der die tiefen Preise an die Kundschaft weitergebe, bis hin zum Konsumenten, der nun öfters ein Schweinesteak in den Einkaufskorb lege.
Doch dass auf Seite der Abnehmer nun mehr Fleisch verarbeitet wird, dürfte ein frommer Wunsch bleiben. «Man könnte theoretisch mehr schlachten, aber damit würde man nur die Lager füllen», sagt Philipp Sax, stellvertretender Direktor des Schweizer Fleisch-Fachverbands, der die Unternehmen der fleischverarbeitenden Branche vertritt.
Mit zusätzlichen Schlachtungen hätten wir Produkte an Lager, die wir nicht absetzen können.
Zusätzliche Schlachtungen zum jetzigen Zeitpunkt würden den Marktentwicklungen widersprechen. «Als Resultat hätten wir Produkte an Lager, die wir nicht absetzen können.»
Geduldsprobe für die Bauern
Der Schweine-Stau – ein altbekanntes Problem also. Doch wie liesse sich der Quasi-Systemfehler beheben? «Eine schwierige Frage», sagt Meinrad Pfister, Zentralpräsident von Suisseporcs. «Wir haben immer bessere Indikatoren, aber uns fehlen die Werkzeuge. Der Händler kann frei handeln, der Produzent frei produzieren.» Schlussendlich bräuchte es jemanden, der reguliert. «Dies in unternehmerischer Freiheit umzusetzen, ist sehr schwierig.»
Schon vor eineinhalb Jahren habe Suisseporcs die jetzige Situation prophezeit, an die Bauern appelliert, ihre Produktion zu drosseln. «Aber vorschreiben können wir es ihnen nicht.» Eine interne Arbeitsgruppe suche derzeit zusammen mit dem Handel und den Abnehmern nach einer Lösung. Die klare Forderung an die Adresse der Abnehmer: «Die tieferen Preise müssen in Form von tieferen Preisen an der Ladenfront weitergegeben werden.»
Bauer Anderhub hofft derweil, dass die Talsohle erreicht ist und übt sich in Geduld. Denn aus Erfahrung wisse er: Der Markt werde sich wieder erholen. Die Frage sei bloss, wann.