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Schliessung der Bio-Filialen Aus für Alnatura: Wie geht es dem Schweizer Bio-Markt?

Alnatura schliesst seine Bio-Supermärkte in der Schweiz per Ende Jahr. Was mit den Produkten geschieht und was die Schliessungen für den Schweizer Bio-Markt bedeuten – die wichtigsten Antworten.

Was ist passiert? Alnatura wird den Betrieb seiner Bio-Supermärkte in der Schweiz per Ende 2025 einstellen. Geschlossen werden sämtliche 25 Läden in der Schweiz, betroffen sind rund 260 Mitarbeitende im Verkauf. Die Migros Zürich verspricht, allen betroffenen Angestellten ein alternatives Stellenangebot innerhalb der Genossenschaft zu unterbreiten. Zudem würden für die bestehenden Ladenflächen Anschlusslösungen sowohl innerhalb der Migros-Gruppe als auch mit externen Interessenten geprüft. Damit endet ein seit über einem Jahrzehnt bestehendes Franchisemodell zwischen Alnatura und der Genossenschaft Migros Zürich. 

Signet der Bio-Kette Alnatura
Legende: Von der Alnatura-Schliessung sind 260 Angestellte betroffen. Keystone / MICHAEL BUHOLZER

Warum schliessen die Alnatura-Filialen? Die Migros kam zum Schluss, dass man nicht mehr die «beste Betreiberin für die Alnatura-Filialen» sei. «Der Rückzug aus diesem Geschäftsmodell ist das Resultat unserer konsequenten Fokussierung auf den Migros-Supermarkt und der entsprechenden Ausrichtung der Ressourcen», so die Migros in einer Mitteilung. Mit anderen Worten: Die Migros Zürich will sich wieder auf den Verkauf von Bio-Produkten auf ihren eigenen Kanälen konzentrieren. Und: Der Konzern befindet sich zurzeit im grössten Umbau der Geschichte. Bereits mehrere Unternehmensbereiche wurden abgestossen, darunter Hotelplan, Bike World, SportX, Melectronics und Obi sowie Micasa und die Do-it-Baumärkte.

Wie geht es weiter mit Alnatura? Die Marke Alnatura bleibt erhalten. Die Migros will das Sortiment mit den ökologisch produzierten Alnatura-Produkten in ihren eigenen Filialen und im Onlineshop weiter ausbauen. Seit 2012 ist Alnatura ein fester Bestandteil des Bio-Angebots der Migros. Alnatura hat seinen Hauptsitz im deutschen Darmstadt. Das Unternehmen produziert nicht selbst, sondern arbeitet mit rund 300 Bio-Produzenten in Europa zusammen – vor allem in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und teils auch in der Schweiz. Ein Grossteil der Alnatura-Produkte wird also in die Schweiz importiert.

Das sagt Alnatura-Schweiz-Chef Boris Pesek

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Offenbar gab es für die 25 Alnatura-Filialen einen potenziellen Interessenten. Dies sagt Schweiz-Chef Boris Pesek im Interview mit Radio SRF. Eine Zusammenarbeit scheiterte aber offenbar wegen unterschiedlicher Werte. Namen nannte Pesek keine.

«Der Fokus (des Interessenten) lag auf Wachstum und Umsatz – unser Fokus liegt auf hochwertigen Bio-Lebensmitteln mit Sinn», sagt Pesek. Deshalb sei eine Zusammenarbeit nicht infrage gekommen. Für das Unternehmen stünden Nachhaltigkeit, Tierwohl und Gesundheit im Zentrum. Wirtschaftlichkeit sei wichtig, aber komme an zweiter Stelle, so Pesek weiter.

Alnatura hat laut Pesek daraufhin sowohl neue Partnerlösungen als auch einen Eigenbetrieb der 25 Filialen geprüft – entschied sich aber dagegen: «Ein Filialbetrieb braucht extrem viele Basisressourcen wie Logistik, Kassensysteme, IT. Für nur 25 Standorte wäre das wirtschaftlich nicht tragbar», sagt Pesek.

Künftig will sich Alnatura laut Pesek auf seine drei Kernbereiche konzentrieren: das deutsche Filialnetz, die Alnatura-Markenführung mit über 1300 Produkten sowie den internationalen Handel.

Was bedeuten die Filialschliessungen für den Schweizer Bio-Markt? Das ist schwierig abzuschätzen. Laut Branchenverband Bio Suisse belief sich der schweizweite Umsatz 2024 auf 4.1 Milliarden Franken. Das ist ein Rekordwert. Allerdings: Die Wachstumsraten sind relativ niedrig. 2018 lag der Bio-Marktanteil bei 10.3 Prozent und stieg bis Ende 2024 lediglich auf 12.3 Prozent. Die Wachstumsdynamik hat sich nach Corona verlangsamt. Coop und Migros dominieren das Segment, sie decken rund 75 Prozent des Schweizer Bio-Marktes ab. Gleichzeitig sind Bio-Fachhandel und Direktvermarktung rückläufig. Die Tendenz in der Kundschaft, Bio-Produkte nur noch bei den «Grossen» zu kaufen, könnte sich verstärken. Es gibt auch Kritik: Migros und Coop erzielen mit Bio-Produkten höhere Margen, während Bio-Bauern dabei verhältnismässig weniger verdienen.

Wie sich der Bio-Landbau entwickelt hat

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Während die Zahl der Bio-Betriebe in der Schweiz seit dem Hoch 2023 leicht gesunken ist, bleibt die Fläche stabil auf hohem Niveau – viele Bauern vergrössern ihre Höfe oder übernehmen zusätzliches Land. In der Schweiz arbeiten zurzeit 7272 Höfe auf knapp 18 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche biologisch. Circa 50 Prozent der in der Schweiz konsumierten Lebensmittel werden importiert. Im Bio-Bereich sind es je nach Produktgruppe wertmässig rund 40 Prozent.

Die höchsten Importvolumen stammen aus Deutschland, Österreich und Italien mit über 158'000 Tonnen. Das entspricht fast 60 Prozent des gesamten Importvolumens. Italien ist das Land mit den meisten zertifizierten Betrieben – dort produzieren 636 Bio-Betriebe Lebensmittel nach den Bio-Suisse-Richtlinien.

SRF 4 News, 8.7.2025, 11 Uhr; sten

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