Die Nationalbank (SNB) verzichtet vorläufig auf Negativzinsen. Sie senkt den Leitzins auf null. Ins Minus wagt sie sich nicht vor; mit guten Gründen. Denn der Nutzen wäre klein, die Schäden wären gross.
Auf dem Sparkonto gäbe es bald keinen Zins mehr, die Pensionskassen hätten Mühe, die Vorsorgegelder zu verzinsen. Die Banken würden ihre Kundschaft wohl abermals mit Zusatzgebühren plagen. Alles schon mal gehabt – in der Zeit vom Frankenschock 2015 bis zum Beginn des Ukraine-Kriegs 2022. Das wünscht sich niemand zurück.
Augenmass ist gefragt
Auch nicht der Chef der Nationalbank, Martin Schlegel. Er räumt ein: Negativzinsen hätten leider unerwünschte Nebenwirkungen. Darum setze die Nationalbank dieses Instrument nicht leichtfertig ein. Als Drohung allerdings bleiben Negativzinsen im Werkzeugkasten der SNB. Auch dies machte Martin Schlegel klar, als er heute die – dosierte – Senkung um einen Viertelprozentpunkt auf null verkündete.
Indirekt gesteht damit die Leitung der SNB ein: Viel beitragen, um die schwierige geopolitische Situation zu meistern, kann die Nationalbank nicht. Sie konzentriert sich stattdessen auf ihre Kernaufgabe, die Teuerung unter Kontrolle zu halten.
Macht der SNB ist begrenzt
Technisch heisst das: Die Inflation soll sich mittelfristig zwischen null und zwei Prozent bewegen, von kleinen Ausreissern abgesehen. Aktuell beträgt der Monatswert für den Mai minus 0.1 Prozent – im Vergleich zum Vorjahr. Das ist unbedenklich.
Bei den schwerwiegenden Problemen ist die SNB hingegen machtlos. Sie kann so gut wie nichts tun gegen den Zollkrieg von US-Präsident Donald Trump, der die Schweizer Exportwirtschaft belastet. Auch die Furcht vor einer militärischen Eskalation in Nahost kann die SNB den Finanz- und Energiemärkten nicht nehmen.
Rosskur nur wenn nötig
Nicht einmal die Funktion des Frankens als Fluchtwährung in unsicheren Zeiten können die Währungshüter ganz aushebeln. Tiefere Zinsen und Devisenmarkt-Interventionen der SNB lindern immerhin die Frankenstärke – was im Interesse der Exportindustrie und des Tourismus liegt.
Fazit: Der drastische Schritt unter die Nullzinsmarke wäre aktuell, angesichts der schädlichen Nebenwirkungen, unverhältnismässig. Aber wenn eine Rezession droht, also ein richtig schmerzhafter Wirtschaftseinbruch, dann dürfte die Nationalbank ihre Hemmungen abstreifen und Negativzinsen beschliessen.