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Starker Franken gegen Teuerung Weshalb die Inflation in der Schweiz unter Druck kommt

Die Teuerung in der Schweiz sinkt – das ist aber nur die halbe Wahrheit. Sie beinhaltet nicht alle Haushaltsausgaben.

Die Inflation in der Schweiz ist erneut leicht zurückgegangen und sinkt von 3.3 Prozent im September auf 3.0 Prozent im Oktober. Wieso geht die Teuerung zurück? Die Inflationsrate bildet ab, wie stark sich etwa Lebensmittel, Wohnkosten oder auch das Freizeitangebot verteuern. Von diesen Preisen wird ein gewichteter Durchschnitt berechnet – Ausgabenposten, die einen grösseren Teil des Budgets ausmachen, beeinflussen die Teuerungsrate stärker.

Eine Inflation von 3 Prozent bedeutet also, dass ein fiktiver, durchschnittlicher Warenkorb 3 Prozent teurer ist als im Oktober letzten Jahres. Innerhalb des Warenkorbs gibt es aber beträchtliche Unterschiede. Die Ausgaben für Gas sind um 68 Prozent gestiegen, jene für Heizöl um 57 Prozent. Gleichzeitig sind die Preise für Treibstoffe oder neue Automobile gesunken. Insgesamt fallen die Preisrückgänge stärker ins Gewicht, darum ist die Inflation im Oktober zurückgegangen.

Die Energiepreise treiben die Inflation also zu einem grossen Teil in die Höhe. Wie sähe die Teuerung aus, wenn man diese ausklammern würde? Die Kerninflation misst die Teuerung ohne schwankende Energie- und Nahrungsmittelpreise und lag im Oktober bei 1.8 Prozent - im September bei 2 Prozent.

Dass die Kerninflation relativ tief ist, bedeutet, dass sogenannte Zweitrundeneffekte bisher ausgeblieben sind und die steigenden Energiekosten nicht dazu führten, dass die Güterpreise auf breiter Front steigen. Zum Vergleich: Die Kerninflation in der Eurozone liegt bei 5 Prozent, in den USA bei 6.6 Prozent.

Die Inflation in der Eurozone ist auf historische 10.7 Prozent gestiegen. Wieso klafft die Teuerung so weit auseinander? Im Vergleich zum Ausland ist die Schweiz weniger von Energieträgern wie Öl und Gas abhängig. Steigen die Energiepreise, treiben diese die Inflation im Ausland stärker in die Höhe als in der Schweiz. Ein weiterer Grund, dass die Schweiz relativ glimpflich davonkommt, ist die Aufwertung des Schweizer Frankens. Erstarkt der Franken, werden Importe günstiger.  Das dämpft die importierte Inflation, die ebenfalls in die Teuerungsrate fliesst.

Mit welcher weiteren Inflationsentwicklung ist in der Schweiz zu rechnen? Bleiben Zweitrundeneffekte und andere Schocks aus, dürfte sich die Inflation mittelfristig abschwächen – allein schon wegen des Basiseffekts. Denn die Teuerung misst, wie stark die Preise im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen sind.

Wenn die Energiepreise also hoch bleiben und nicht weiter steigen, heizen sie die Inflation nicht weiter an. Die Schweizerische Nationalbank prognostiziert für 2023 eine Inflation von 2.4 Prozent – und das ohne zusätzliche Zinsschritte, die die Inflation dämpfen könnten.

Trotzdem wird das Leben in der Schweiz teurer, im nächsten Jahr steigt die mittlere Krankenkassenprämie um 6.6 Prozent. Wieso fliessen die Prämien nicht in die Teuerungsrate mit ein? Immerhin können diese bis zu einem Fünftel des Haushaltsbudgets ausmachen. Die Teuerung basiert auf dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK), der die Konsumausgaben der privaten Schweizer Haushalte abbildet. Sozialversicherungen, Investitionen und Steuern werden nicht abgebildet. Die obligatorischen Krankenversicherungsprämien sind keine Konsumausgaben und deshalb nicht im LIK erfasst. Die Entwicklung der Krankenkassenprämien wird in einem separaten Index, dem Krankenversicherungsprämien-Index, abgebildet.

Tagesschau, 03.11.2022, 19:30 Uhr

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