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Steigender Goldpreis «Chinesinnen und Chinesen flüchten ins Gold»

Wer Gold besitzt, kann sich freuen. Denn das Vreneli, der Barren oder das Armband war noch nie mehr wert als heute. Seit Monaten steigt der Goldpreis und bricht Rekord um Rekord. Aktuell kostet ein Kilogramm Gold rund 70'000 Dollar. Warum dies erstaunlich ist, sagt SRF-Wirtschaftsredaktorin Charlotte Jacquemart.

Charlotte Jacquemart

Wirtschaftsredaktorin

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Charlotte Jacquemart hat an der Universität Zürich Ökonomie studiert und arbeitet seit Juni 2017 als Wirtschaftsredaktorin bei Radio SRF. Zuvor war sie 13 Jahre lang bei der «NZZ am Sonntag» tätig.

Warum steigt der Goldpreis seit Monaten von Rekord zu Rekord?

Die aktuelle Gold-Rally verblüfft Experten. Es scheint, frühere Regeln seien ausser Kraft gesetzt. So stieg der Goldpreis bei früheren Rallys dann, wenn die Zinsen tief und der Dollar schwach waren. Beides ist momentan nicht der Fall. Der Dollar ist stark gegenüber anderen Währungen. Er sollte die Nachfrage nach Gold für Nicht-Dollar-Investoren eigentlich dämpfen, tut es aber nicht und auch Zinsen gibt es auf Sparheft oder Obligationen aktuell nach wie vor deutlich mehr als auf Gold, das ja Null Zinsen abwirft. Diese zwei historischen Treiber, Zinsen und Dollar, fallen bei der aktuellen Gold-Rally also weg.

Was treibt den Goldkurs denn zurzeit an?

Es sind zum einen die Notenbanken, die chinesische, die indische, aber auch andere. Sie decken sich mit Gold ein wie selten zuvor. 2022 und 2023 haben Notenbanken doppelt so viel Gold eingekauft wie in den fünf Jahren zuvor. Sie tun dies, weil sie ihre Währungsreserven diversifizieren möchten. Und zum anderen flüchten Chinesen und Chinesinnen ins Gold, weil sie kein Vertrauen mehr in ihren maroden Immobilienmarkt haben und weil auch der chinesische Aktienmarkt am Boden ist. Es ist dieser chinesische Goldrush, der dazu führt, dass mehr als die Hälfte des Goldes, das aus Minen geholt wird, zurzeit nach Osten fliesst.

Ein hoher Goldpreis wird oft mit geopolitischen Spannungen in Verbindung gebracht. Stimmt auch dieser Zusammenhang nicht mehr?

Das ist immer noch so, aber das geopolitische Argument kann die fast schon phänomenale Gold-Rally eben bei weitem nicht alleine erklären. Wären die geopolitischen Krisen der Haupttreiber, dann müssten auch andere sogenannte Save Havens (dt. sichere Häfen) – wie beispielsweise der Franken – boomen und die Börsen wären nicht in Partylaune. Der Franken boomt aber nicht und die Börsen sind dennoch in Partylaune.

Ist das Angebot an Gold auf dem Markt gross?

Wenn das Angebot an Gold grösser wäre, würde die aktuell starke Nachfrage den Preis weniger antreiben. Aber die Minenbetreiber holen jedes Jahr etwas weniger Gold aus ihren Minen. Das hat mit Kosten zu tun, viele Minen sind schon alt. Neue zu erschliessen, ist teuer, und auch teurer geworden, einerseits wegen strengeren Umweltvorschriften, andererseits weil neue Schürfgebiete oft schwerer zugänglich sind. Goldreserven gibt es grundsätzlich aber schon noch.

Echo der Zeit, 13.04.2024, 18 Uhr

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