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Stellensuche leicht gemacht? KI kann beim Bewerbungsschreiben hilfreich sein

ChatGPT kann beim Motivationsschreiben mithelfen – doch das allein garantiert keineswegs einen Anstellungserfolg.

Wer auf Stellensuche ist, kennt das Prozedere: Einen blossen Lebenslauf einzureichen, reicht nicht, meist wird ein sogenanntes Motivationsschreiben verlangt. In dem Brief soll der Kandidat darlegen, warum er sich für die Stelle bewirbt.

Versierter, wenn auch etwas langweiliger Text

Ob dabei auch ein Textroboter wie ChatGPT helfen kann, zeigt das Experiment: Gesucht wird eine Buchhalterin – eine mit den üblichen Qualifikationen für eine solche Stelle, also eine betriebswirtschaftliche Ausbildung, Erfahrung, Kenntnisse der entsprechenden Computerprogramme.

Bereits mit diesen wenigen Stichworten aus dem Stelleninserat kann ChatGPT ein tadelloses Motivationsschreiben erstellen, wie ein Versuch zeigt. Der Textroboter konstruiert Sätze wie: «Mein beruflicher Werdegang und meine Ausbildung haben mich optimal auf diese Position vorbereitet. (...) Meine Qualifikationen bilden eine solide Grundlage für die Anforderung Ihrer Stellenausschreibung.»

Auch Passagen mit Fähigkeiten und Stärken kreiert der Textroboter. Das alles ist richtig, tönt aber etwas langweilig.

ChatGPT allein reicht nicht

Expertinnen raten denn auch davon ab, einen solchen Text direkt als Bewerbung einzureichen. Trotzdem sei es aber sinnvoll, mit ChatGPT zu arbeiten. «Wir empfehlen aber, die Motivationsschreiben sorgfältig persönlich anzupassen», sagt Fabian Boller, Medienbeauftragter im Zürcher Amt für Wirtschaft, das für die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren RAV zuständig ist.

Damit würden Qualität und Individualität der Bewerberin sichergestellt. Das vom Textroboter verfasste Motivationsschreiben soll also mit eigenen Gedanken präzisiert und konkretisiert werden.

Leute, die sich das Schreiben nicht so gewohnt sind, können mit ChatGPT einen gewissen Textrahmen kreieren.
Autor: Martin Meyer Leiter Adecco Deutschschweiz

Es geht auch umgekehrt: Der Textroboter kann ein eigens verfasstes Schreiben redigieren. Das sei sinnvoll, sagt auch Martin Meyer, Leiter des Stellenvermittlers Adecco in der Deutschschweiz. «Leute, die sich das Schreiben nicht so gewohnt sind, können mit ChatGPT einen gewissen Textrahmen kreieren», so Meyer. Holprige Sätze werden ausgebessert oder Schreibfehler korrigiert.

KI hilft mit bei erfolgreichen Bewerbungen

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Ein Expertiment von Forschern der US-Wirtschaftshochschule MIT zeigt, dass KI als Schreibhilfe wirkungsvoll ist: Stellensuchende, deren Schreiben mit Hilfe Künstlicher Intelligenz verbessert wurde, kamen eher in die engere Auswahl und wurden auch öfter angestellt.

Ein einwandfreier Motivationstext kann durchaus eine erste Eingangstür sein – doch nur für jene, die ohnehin den passenden Lebenslauf mitbringen. Das Bewerbungsgespräch würde nämlich basierend auf den bisherigen Erfahrungen geführt, erklärt Meyer, nicht aufgrund von dem, was im Brief steht.

Der Mensch entscheidet über den Erfolg

Dabei spiele der Lebenslauf eine wichtigere Rolle. «Wir gehen im Bewerbungsgespräch näher auf den Lebenslauf ein, um herauszufinden, warum die Bewerberin eine neue Stelle sucht, was ihre Motivation ist», beschreibt Meyer das Vorgehen.

Leute werden aufgrund ihrer Kompetenzen angestellt – aber oft aufgrund ihres Verhaltens entlassen.
Autor: Martin Meyer Leiter Adecco Deutschschweiz

Schöne Worte auf dem Papier reichen also bei Weitem nicht, um angestellt zu werden. Denn am Schluss gehe es um den Menschen, betont Meyer von Adecco: «Am Ende des Tages werden Leute aufgrund ihrer Kompetenzen angestellt – aber oft aufgrund ihres Verhaltens entlassen. Das kann bis heute keine Maschine herausfinden.»

ChatGPT kann also durchaus ein Helfer sein, ein modernes Instrument bei der Stellensuche. Mehr aber nicht.

Rendez-vous, 14.9. 2023, 12:30 Uhr

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