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Unabhängiger von Importen Die teure Selbstversorgung mit essenziellen Gütern

Eine Motion fordert mehr Unabhängigkeit bei essenziellen Gütern. Doch Schweizer Produzenten ziehen im harten Preiskampf oft den Kürzeren.

Gross war der Aufschrei, als im vergangenen Jahr Desinfektionsmittel und Schutzmasken knapp wurden. Auf den hohen Bedarf, den die Pandemie verursachte, war die Schweiz nicht vorbereitet. So war auch die Versorgung mit gewissen Medikamenten zeitweise nicht mehr gewährleistet.

Der Nationalrat verlangt nun in einer Motion vom Bundesrat, die Schweiz unabhängiger vom Import essenzieller Güter zu machen. Die Versorgung der Schweiz in künftigen Krisen soll verbessert werden. Die Frage, wie stark solche essenziellen Güter in der Schweiz produziert werden sollen, beschäftigt Schweizer Unternehmen bis heute.

Selbstversorgung ist teuer

Ethanol ist als Basis von Desinfektionsmittel im Kampf gegen die Pandemie zentral. Erst 2018 hatte der Bund das Ethanol-Pflichtlager aufgehoben und den damaligen staatlichen Alleinimporteur, die Firma Alcosuisse, privatisiert. Mittlerweile ist ein neues Sicherheitslager geplant. Und Alcosuisse produziert trotz günstiger Konkurrenz ab dem Herbst wieder Schweizer Ethanol.

Auch die Wernli AG setzt auf Schweizer Qualität. Als im letzten Jahr die Masken knapp wurden, investierte sie Millionen, um eine eigene Gesichtsmasken-Produktion hochzufahren. So konnten zum Beispiel Spitäler versorgt werden, deren Maskenvorräte sich zu Ende neigten. Zu Beginn der Pandemie lief das Geschäft mit Schutzmasken für das Unternehmen gut – mittlerweile sei der Absatz aber eingebrochen.

Grund ist die Konkurrenz aus Asien. Sie verlangt für ihre Masken nur etwa halb so viel wie die Wernli AG. In der Schweiz produzieren, statt importieren – das ist teuer. Auch die Wernli AG muss sich überlegen, ob sie die Masken-Produktion weiterführt. Helfen würde bei dieser Entscheidung Planungssicherheit. Solche erhofft sie sich vom Bund.

Selbstversorgung bei Medikamenten unrealistisch

Obwohl im vergangenen Jahr auch lebenswichtige Antibiotika und gewisse Narkosemittel knapp wurden, ist komplette Selbstversorgung für den Branchenverband der Pharma-, Chemie- und Life Science Unternehmen Scienceindustries unrealistisch. Der Grund sei die breite Produktpalette bei Generika und die kleine Grösse der Schweiz, sagt der Direktor von Scienceindustries, Stephan Mumenthaler. Verbesserungspotential sieht er aber bei der Pflichtlagerhaltung. Zudem mache es aus seiner Sicht auch Sinn, Lieferverträge – wie etwa bei den Impfstoffen – abzuschliessen.

Versorgungssicherheit und Schweizer Qualität kosten. Wie viel man dafür zu bezahlen bereit ist und wer die Kosten tragen soll – über diese Frage dürfte in Bern noch viel diskutiert werden. Nach der Annahme der Motion muss sich der Bundesrat nun an die Umsetzung machen.

10vor10, 04.03.2021, 21:50 Uhr

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