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Urbane Produktion Handwerk und Industrie sollen zurück in die Städte

Früher waren Schweizer Städte Industrie-Hochburgen. Heute dominiert der Dienstleistungssektor. Doch es gibt einen Gegentrend. Gewisse Firmen setzen ganz bewusst auf die Produktion in der Stadt.

Wenn der Akku schlapp macht, kommt «Chimpy» zum Zug. Das Zürcher Unternehmen vermietet an Kiosken, Automaten und Co. sogenannte Powerbanks zum Laden von Smartphones, Laptops und anderen stromhungrigen Geräten.

Der vermeintlich teure Standort in der Stadt sei Teil des Erfolgs, sagt Geschäftsführer Edwin Winkler: «Wir sind dadurch nahe an den Kunden.» Dies erleichtere die Logistik massiv.

Chimpy beschäftigt rund 50 Mitarbeitende – viele davon Teilzeit. Im Akkord machen sie die entladenen Powerbanks in Zürich Altstetten wieder flott für die nächsten Kunden.

So funktioniert Chimpy

Mehrere Hunderttausend grüne Kästchen sind ständig im Umlauf. Das ehemalige Start-up ist längst profitabel und erzielt inzwischen über zehn Millionen Franken Umsatz.

Mehr Jobvielfalt

Neben Studierenden arbeiten auch frühere Lagermitarbeitende oder Menschen ohne Ausbildung bei Chimpy. Die Stadt brauche auch solche Jobs, sagt die Präsidentin der Initiative «Made in Zürich», Andrea Gir: «Menschen sollen nicht nur in Zürich wohnen, sondern auch hier arbeiten können – und zwar nicht nur das Topkader.»

Arbeiten in der Stadt – das muss nicht zwingend ein Bürojob im «Casual-Look» mit einem «Iced Matcha» auf dem «Second-Hand-Pult» im «Co-Working-Space» sein. Schweizer Städte wollen vielfältiger sein als ihr Ruf ihnen vorauseilt.

Wir haben das Motto: so lokal wie möglich, so global wie nötig.
Autor: Andrea Gir Geschäftsführerin Initiative «Made in Zürich»

In Zürich öffnen am «Tag der urbanen Produktion» 75 Betriebe ihre Türen. Ziel: Einblick in ihr Handwerk geben – von der Schreinerei über die Kaffeerösterei und die Rum-Destillerie bis hin zum Mode-Atelier.

Beispiele von Firmen am «Tag der urbanen Produktion»

Das sind nicht mehr die grossen Industrie-Betriebe von früher. Doch zumindest brächten produzierende Unternehmen eine gewisse Durchmischung in die Stadt: «Wir haben das Motto: so lokal wie möglich, so global wie nötig.» Jedes Unternehmen müsse abwägen, was hier produziert werden könne und was nicht, so Gir.

Heimatgefühl als Faktor

Andere Stadt, andere Branche: Auch die Brauerei Luzern produziert lokal. Beim Bier stehen für viele Menschen Identität und Heimat im Vordergrund. Die städtische Braukunst – Spezialität statt Masse, heimisch statt von der Grossbrauerei – sei ein Bedürfnis, sagt Geschäftsführerin Laura Kopp.

Städtische Brauereien sind verbreitet

«Nachdem Eichhof in fremde Hände kam, fanden einige Bierliebhaber, dass sie ein Luzerner Bier für die lokale Bevölkerung wollen.» Vier Mitarbeitende, darunter Kopp, produzieren etwa 1500 Hektoliter pro Jahr. Das entspricht rund einer halben Million Stangen – hauptsächlich für die Gastronomie, den lokalen Detailhandel und den Rampenverkauf.

Wenn man näher bei den Leuten ist, ist man auch sympathisch.
Autor: Flurin Crameri Produktionsleiter Brauerei Luzern

Lokal produzieren ist aber nicht nur Nostalgie – sondern ein Geschäftsmodell, für das Menschen oft gerne mehr bezahlen. Produktionsleiter Flurin Crameri ist überzeugt: «Wenn man näher bei den Leuten ist, ist man auch sympathisch.» Die Leute könnten jederzeit vorbeikommen. Das sei wie bei einem lokalen Restaurant.

Mehr als nur die eigene Stadt

Dass es funktionieren kann, aus der Stadt zu operieren und über diese hinaus Erfolg zu haben, zeigt Chimpy. Die grünen Powerbanks gibt es inzwischen auch in Deutschland, Österreich und Italien.

Chimpy hatte früh die Idee, das Akku-Problem von Pendlern oder Festival-Besuchern mit Powerbanks zu lösen. Seither profitiert die Firma von ihrer Vorreiterrolle. Aus dem einstigen Zürcher Start-up ist innert zwölf Jahren ein Unternehmen mit 3000 Leih- und Rückgabestationen in Europa geworden.

10vor10, 26.9.2025, 21:50 Uhr; wilh

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