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US-Zollentscheid «Gehe davon aus, dass wir weniger als 39 Prozent haben werden»

Bereits ab kommendem Donnerstag wollen die USA Zölle von 39 Prozent auf Schweizer Importe erheben. Aber ist das letzte Wort tatsächlich schon gesprochen? Oder besteht Hoffnung auf weitere Verhandlungen, um den hohen Zoll doch noch abzuwenden? Rahul Sahgal von der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer gibt sich zuversichtlich.

Rahul Sahgal

Direktor Handelskammer Schweiz-USA

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Sahgal ist seit 2024 Direktor der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer. Zuvor durchlief er unter anderem eine diplomatische Karriere mit Stationen in Brüssel, Bern und Washington

SRF News: Wie überraschend kam der Zollentscheid für Sie, Rahul Sahgal?

Rahul Sahgal: Er kam schon ziemlich überraschend, weil wir eigentlich eher der Auffassung waren, dass jetzt ein letztes Gespräch zwischen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Donald Trump dazu dienen wird, den Deal quasi über die Ziellinie zu ziehen und nicht, dass das Ganze infrage gestellt wird.

Bundespräsidentin Keller-Sutter telefonierte mit Trump persönlich. Es gab Kontakte auf Ministerebene, es gab positive Signale. Die Schweiz wähnte sich in einer guten Position. Weshalb nun doch dieser hohe Zoll?

So ganz genau wissen wir es nicht. Im Moment ist es so, dass Donald Trump sagt, die USA hat ein Handelsdefizit von 40 Milliarden und das sei einfach zu gross. Aber das ist nichts Neues, das wussten seine Unterhändler schon lange. Und da stehen die grossen Fragezeichen: Die Schweiz hat in den letzten drei Monaten sehr gut und sehr überlegt mit den obersten Ministern der US-Administration verhandelt. Und das, was wir mit ihnen verhandelt haben, hatte ihre Deckung. Das heisst, die einzige offene Komponente war Donald Trump. Die Argumentation mit den 40 Milliarden war dann schon überraschend. Was da vorgefallen ist, finde ich ein bisschen fragwürdig.

Bild von Trump
Legende: Der Bundesrat konnte keine Einigung auf eine verhandelte Absichtserklärung mit den USA erzieheln. Nun hofft man auf eine Lösung in letzter Minute. KEYSTONE/Jean-Christophe Bott

Was denken Sie, ist trotz allem noch in letzter Minute eine Einigung möglich?

Ich gehe stark davon aus, dass wir es schaffen werden, nicht mehr 39 Prozent zu haben. Ich glaube, jetzt ist die Vorgehensweise, dass wir uns quasi regruppieren und überlegen, was die beste Strategie ist. Und dann müssen wir schauen, ob wir es, vor dem 7. August schaffen, etwas zu haben, das uns dann vielleicht herunterbringt von den 39 Prozent. Ansonsten lässt diese Executive Order auch noch die Türe offen, dass wenn zu einem späteren Zeitpunkt etwas verhandelt wird, dann der Zollsatz herunterkommen würde.

Verfügt die Schweiz denn noch über Trümpfe, die sie ausspielen kann gegenüber Trump?

Für mich stellt sich die Frage, was will Trump? Diese 40 Milliarden, die sind nun mal da. Die kann man aber eigentlich auch gut auseinandernehmen. Gold hat dort einen sehr hohen Anteil. Der Fakt, dass die USA 340 Millionen Personen sind und wir 9 Millionen bringt man nicht weg. Auch wenn jeder Schweizer und jede Schweizerin eine Flasche Bourbon pro Tag trinken würde, ein Steak essen würde und eine Harley-Davidson kaufen würde, würde sich das Güterhandelsdefizit nicht signifikant verändern.

Wenn man den Dienstleistungshandel miteinbezieht, ist der Handel ausgeglichen.

Das heisst, man muss schauen, was man sonst tun kann. Für mich stellt sich gerade eben mit diesen 40 Milliarden die Frage: Warum schaut er das nur bei uns an? Japan oder die EU haben noch viel grössere Güterbilanz-Handelsdefizite. Die Schweiz importiert 14 Mal mehr pro Kopf in Sachen Güter von den USA als sie von uns. Wenn man zudem den Dienstleistungshandel miteinbezieht, ist der Handel ausgeglichen. Das weiss Trump wahrscheinlich alles. Aber offenbar ist ihm das nicht genug.

Das Gespräch führte Iwan Lieberherr.

Echo der Zeit, 2.8.25, 18 Uhr ; 

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