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Verfehlungen bei Stiftungen Vertrauen ist gut, ein Verhaltenskodex ist besser

Gerade Stiftungen, die von Spenden abhängig sind, können sich kein Fehlverhalten leisten. Es braucht dort klare Regeln.

Schweizer Stiftungen halten sich bei ihrer Arbeit gerne im Hintergrund und rapportieren vor allem der Stiftungsaufsicht, nicht der Öffentlichkeit. Wenn nun nach den Vorfällen bei Oxfam oder WWF der Ruf nach mehr Regeln und Transparenz immer lauter wird, ist das für viele Stiftungen Neuland.

Richard Brogle kennt das. Er ist Direktor der Drosos Stiftung, die vor allem junge Menschen fördert. Ihre Geldgeber sind nicht öffentlich bekannt. 2018 hat Drosos gut 20 Millionen Franken unter anderem an Projekte in Nordafrika oder im Nahen Osten vergeben.

Die Stiftung arbeitet eng mit lokalen Teams zusammen. Die richtigen Leute am richtigen Ort zu haben sei entscheidend, erklärt er: «Gerade dort ist es ganz wichtig, dass wir unsere Partner kennen. Wir wollen ja keine Organisation unterstützen, die etwa zu Gewalt aufruft.»

Ein Regelwerk ist gefordert

Es sei wichtig zu wissen, welche Risiken in gewissen Ländern bestünden und wie man mit ihnen umgehen soll. Dafür brauche es ein Compliance Management. Es könne immer wieder Unregelmässigkeiten geben, etwa falsche Personalentscheide oder falsch gebuchte Zahlungen. Meistens geschehe das unabsichtlich, so Brogle.

Wenn Sie Spendegelder haben wollen, müssen Sie Transparenz bringen.
Autor: Frank Schwabe Head Compliance Alpiq

Unternehmen haben mehr Erfahrung mit Compliance. Investoren wollten klare Verhältnisse – auch als Selbstschutz, erklärt Frank Schwabe, oberster Compliance Manager beim Energiekonzern Alpiq. Er sei kein Polizist, sondern versuche, die Leute für Transparenz zu sensibilisieren.

Auch für Stiftungen sei das wichtig, sagt Schwabe: «Gerade für Förderstiftungen. Wenn Sie Spendegelder haben wollen, müssen Sie Transparenz bringen. Damit wird ein Mehrwert für die Erreichung des Stiftungszweckes geschaffen.»

Personal soll geschult werden

Das Ziel ist, Probleme schnell zu erkennen oder gar zu vermeiden.

Schwabe empfiehlt den Stiftungen deshalb, einen eigenen Ethik-Code zu verfassen. Dieser schreibt vor, was zulässig ist und was nicht. Da könnten Stiftungen zum Beispiel festlegen, dass nur Personen vertraut wird, die über spezielle Datenbanken auf Herz und Nieren überprüft worden sind – sowohl Geldgeberinnen wie auch Mitarbeiter.

«Bei Alpiq gibt es viele sensible Arbeitsplätze. Da gibt es seit vielen Jahren ein Screening. Das kann man sehr einfach auch bei Stiftungen einführen», sagt Schwabe. Wichtig seien zudem Schulungen des Personals. Zum Beispiel, um klar zu definieren, wo die Grenze liegt zur Korruption.

Wenn eine Stiftung in der Schweiz tätig ist, steht praktisch alles schon im Gesetz.
Autor: Richard Brogle Leiter Drosos Stiftung

Klar definierte Regeln zu haben sei für eine Stiftung wichtig, sagt auch Richard Brogle. Doch: «Wenn eine Stiftung in der Schweiz tätig ist, steht praktisch alles schon im Gesetz. Wenn der Verhaltenskodex dann Hunderte von Seiten umfasst, macht das auch keinen Sinn.»

Vertrauen ist wichtig

Gerade bei kurzfristigen Projekten brauche es neben Regeln auch gegenseitiges Vertrauen. «Unsere Projekte dauern in der Regel rund vier Jahre. Bei einem Startup über diesen Zeitraum alles auf den Rappen genau voraussehen zu wollen, geht nicht. In der Zusammenarbeit mit Partnern braucht es viel Flexibilität, permanente Kommunikation auf Augenhöhe und Vertrauen.»

Der Grat zwischen Vertrauen und Kontrolle ist schmal. Entscheidend ist, dass sich auch die Stiftungen bewusst sind, welche Risiken sie eingehen und wie sie damit umgehen können.

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