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Verunsicherte Konsumenten «Die schlechte Stimmung drückt auf das Bruttoinlandprodukt»

Die Stimmung der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten ist so schlecht wie noch nie. Das zeigt die jüngste Umfrage des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco. Nina Mühlebach forscht bei der Konjunkturforschungsstelle KOF zum Konsum. Steigende Preise und die geopolitische Lage verunsicherten die Konsumenten, sagt sie im Interview.

Nina Mühlebach

Wirtschaftswissenschaftlerin

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Nina Mühlebach ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Konjunktur Forschungsstelle (KOF) an der ETH Zürich. Sie hat sich auf den privaten Konsum spezialisiert.

SRF News: Welche Folgen hat die schlechte Konsumentenstimmung für die Wirtschaft?

Nina Mühlebach: Die schlechte Stimmung drückt leicht auf das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz. Allgemein kann man unterscheiden zwischen harten Indikatoren und weichen Indikatoren. Die harten Indikatoren sind etwa Umsätze im Detailhandel. Weiche Indikatoren wie die Konsumentenstimmung geben wieder, wie die Kaufbereitschaft ist.

Die Konsumentenpreise steigen auf breiter Front an.

Aktuell ist sie auf einem Tiefstwert. Man kann davon ausgehen, dass sich die Konsumenten in Zukunft etwas zurückhalten werden bei einigen Ausgaben und sie nicht wissen, ob sie künftig gleich viel ausgeben können.

Ist das ein Anzeichen, dass in der Schweiz eine Rezession droht?

Die KOF geht im Moment nicht davon aus, dass eine Rezession bevorsteht. Wir rechnen damit, dass sich das BIP im ersten Quartal etwas rückläufig entwickeln könnte. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass weiterhin Effekte der Pandemie wirken.

Man nicht mit Bestimmtheit sagen, dass keine Rezession bevorsteht.

Man vergleicht mit einem Jahr, in dem die Läden geschlossen waren und die Lieferketten grosse Probleme hatten. Deshalb gibt es auch positive Effekte, die auf das Bruttoinlandprodukt wirken und so eine Rezession verhindern können. Allerdings ist die Lage momentan sehr unsicher – gerade geopoltiisch. Es ist sehr unklar, wie sich das noch entwickeln wird. Darum kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, dass keine Rezession bevorsteht.

Die Konsumentinnen und Konsumenten schätzen ihre eigene wirtschaftliche Lage als schlechter ein als in den Vormonaten, wie die Seco-Zahlen zeigen. Heisst das, die Menschen spüren die Inflation nun im Portemonnaie?

Ja, sie spüren die Inflation im Portemonnaie auf jeden Fall. Zu Beginn des Jahres waren nur einzelne Güter betroffen. Sie waren speziell durch Corona-Effekte beeinflusst. Zum Beispiel sind Hotelpreise stärker angestiegen, weil die Hoteliers ihre Verluste während der Pandemie kompensieren müssen. Die Lieferketten haben auch die Preise von Autos beeinflusst.

Der Arbeitsmarkt läuft im Moment sehr gut.

Inzwischen sieht man, dass sich das auf viele Bereiche ausgewirkt hat und die Konsumentenpreise auf breiter Front ansteigen. Das spürt man umso mehr, als wenn beispielsweise nur die Autopreise steigen würden, weil man einen Kauf eher abwarten kann.

Was braucht es, damit die Konsumstimmung wieder besser wird?

Das ist eine schwierige Frage. Mit der Zeit stellt sich heraus, wie sich die geopolitische Unsicherheit und die Preise entwickeln. In den letzten Monaten hat sich die Inflation etwas beruhigt. Ein Faktor ist auch der Arbeitsmarkt. Der läuft im Moment sehr gut. Da sind die Konsumenten auch für die Zukunft zuversichtlich. Und das stützt die Konsumentenstimmung.

Das Gespräch führte Sandra Witmer.

SRF 4 News, 02.11.2022, 06:25 Uhr ; 

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