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Vor Bundesgericht abgeblitzt Dieselskandal zeigt: Schweizer Konsumenten haben das Nachsehen

Die Fakten sind klar: Volkswagen hat betrogen und das auch zugegeben. Während Jahren hatte der VW-Konzern die Motoren seiner Fahrzeuge manipuliert. Sie hatten mehr Abgase ausgestossen als erlaubt. Allein in der Schweiz waren zeitweise 175'000 Autos mit einem solchen Motor unterwegs. Inzwischen sind fast alle nachgerüstet, die gesetzlichen Abgasnormen erfüllt.

Absichtlich getäuscht

Das Problem mit den Motoren ist damit erledigt. Nur: Die Kunden wurden beim Kauf eines Autos von VW absichtlich getäuscht. In den USA und Deutschland hat das kostspielige Folgen: Volkswagen muss jeden einzelnen Kunden finanziell entschädigen. Was den Autobauer Milliarden kostet. Das ist das Resultat von Gerichtsentscheidungen und Vergleichen.

Diese Entscheide zwingen Volkswagen zwar in den jeweiligen Ländern zum Handeln, nicht aber in der Schweiz.

Klage vom Konsumentenschutz initiiert

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Der Abgasskandal bei VW betraf weltweit 11 Millionen Auto-Besitzerinnen und Besitzer. In der Schweiz mehr als 170'000. Die Stiftung für Konsumentenschutz wollte erreichen, dass die Autobesitzer finanziell dafür entschädigt würden, dass ihnen ein Auto mit einem manipulierten Abgassystem verkauft worden war. Der Konsumentenschutz reichte eine Sammelklage für insgesamt 6000 Betroffene ein.

Die Stiftung für Konsumentenschutz hat versucht, den Hersteller VW und die Amag als langjährige Importeurin der Volkswagen-Fahrzeuge zur Verantwortung zu ziehen – ist aber jetzt gescheitert, wie das heute veröffentlichte Bundesgerichtsurteil zeigt. Und da die Amag sich selber ebenfalls als Opfer dieses Dieselskandals sieht, wird sie geschädigten Kunden von sich aus nicht entgegenkommen.

Nach dem Urteil bleibt damit die unschöne Situation, dass sich trotz nachweislichem Betrug in der Schweiz niemand belangen lässt. Der Dieselskandal zeigt damit, wie schwierig es für Konsumenten ist, einen internationalen Grosskonzern über die Landesgrenzen hinweg zur Rechenschaft zu ziehen. Gerade, wenn es um standardisierte Güter oder Dienstleistungen geht.

Sammelklagen haben schweren Stand – noch

In der EU hat der Dieselskandal dazu geführt, dass die Position der Konsumenten gestärkt werden soll, und zwar mittels Sammelklagen. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass internationale Unternehmen künftig die Konsumenten nicht mehr so einfach mit teuren juristischen Verfahren an die Wand spielen können. Unrecht soll über die Grenzen hinweg geahndet besser werden können.

In der Schweiz will der Bundesrat vom Instrument der Sammelklagen bislang nichts wissen. Aber das Parlament hat bei der anstehenden Revision der Zivilprozessordnung durchaus die Möglichkeit, auf die jüngsten Ereignisse zu reagieren.

Matthias Heim

Wirtschaftsredaktor

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Matthias Heim hat Wirtschaftsgeschichte studiert. Seit 2007 arbeitet er für Radio SRF, seit 2016 ist er Wirtschaftsredaktor. Seine Spezialgebiete sind Aviatik, Tourismus, Verkehr, Detailhandel und Energie.

Echo der Zeit vom 31.07.2020, 18 Uhr

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